Kennt ihr diese Bücher, die euch spontan in einer Buchhandlung anlächeln? Die euch voll und ganz ansprechen und zu denen ihr einfach nur Ja sagen wollt? Und die dann erstmal auf dem Stapel ungelesener Bücher landen, weil ihr noch in einem anderen Buch lest? So ging es mir mit Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe, und zu meiner Schande muss ich sagen, dass dieses Buch ganze drei Jahre auf meinem SUB lag. Ich habe mir für dieses Jahr vorgenommen, meinen SUB endlich zu verkleinern und mit welchem Buch ginge das besser, als mit einer ordentlichen SUB-Leiche. Ich habe also endlich Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe gelesen und nun eine Buchbesprechung für euch verfasst. Viel Spaß beim Lesen.
Kurzbeschreibung
Dieses Buch erzählt die Geschichte von Mia und Zac, die Kopf an Kopf in unterschiedlichen Zimmern im gleichen Krankenhaus liegen. Beide haben Krebs, sind isoliert und fühlen sich allein. Durch zarte Klopfzeichen an der Wand entsteht ein erster Kontakt, es folgen Gespräche auf Facebook und langsam entsteht eine Zuneigung, die unter normalen Umständen vielleicht nie zustande gekommen wäre …
Ich glaube, ich würde auch meinen Arm um sie legen, wenn sie es wollte, genau wie meine Mutter es bei mir getan hat. Doch ich sitze in diesem Zimmer fest und leide unter der traurigen Geräuschkulisse, die niemand außer mir wahrnimmt.
Meinung
Ich mag Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe sehr gerne. Dazu sei gesagt, dass ich nicht gerne Bücher über Krebs lese. Die Thematik macht mich traurig und meistens kommen früher oder später sehr tragische Passagen in diesen Büchern zutage. Bei diesem Buch ist es anders. Es gibt schon traurige Momente, aber sie sind keine, die mich zum Weinen brachten. Mia und Zac sind zwei starke Figuren, die authentisch und emotional mit ihrem Schicksal umgehen. Sie haben schwache Momente, in denen sie nicht mehr kämpfen wollen, aber trotzdem machen sie immer weiter. Und ich glaube, diese Stärke ist es, die mich an dem Buch begeistert hat.
Zu den Figuren
Zac hat Leukämie und gerade eine Stammzellspende hinter sich. Da sein Körper vor sämtlichen Viren und Bakterien beschützt werden muss, muss er mehrere Wochen isoliert in seinem Krankenhauszimmer bleiben. Seine einzigen Gesprächspartner sind seine Mutter und das Pflegepersonal. Zac hat mich besonders mit seinem Optimismus angesprochen. Er ist in einer furchtbaren Situation, und die Chance, dass er trotz Stammzelltransplantation ein weiteres Mal Krebs bekommt, ist ziemlich hoch. Dennoch verliert er nur in den seltensten Momenten die Fassung und niemals seinen Lebenswillen. Als Mia in das Zimmer nebenan einzieht, ist sie das absolute Gegenteil von ihm. Sie ist wütend, hasst den Krebs und findet ihr Leben ungerecht. Zac hat eine tolle Art auf Mia einzuwirken und findet immer die richtigen Worte. Manchmal gibt es sie nämlich einfach nicht und er weiß, wann er etwas zu sagen hat und wann Schweigen die einfühlsamere Alternative ist.
Mia selbst war mir leider nicht immer sympathisch. Ich konnte sie sehr gut verstehen. Ihre Diagnose wäre für mich genauso niederschmetternd, wie sie es für sie ist. Dennoch empfand ich ihr Verhalten manchmal etwas überspitzt. Gerade im Verlauf der Geschichte – Zac und Mia sind beide aus dem Krankenhaus entlassen worden – finde ich ihr Verhalten unglaublich egoistisch und hinterhältig. Ich persönlich bin eine Leserin, die sich mit den Charakteren in Büchern wohlfühlen möchte und sie am liebsten als Freunde betrachtet. Figuren, mit denen ich mich in der Realität auch umgeben würde. Mia gehörte für einen Großteil des Buches nicht zu diesen Figuren. Ihre Art war mir einfach so unsympathisch. Ich kann zwar verstehen, woher ihre Gefühle kommen, aber ich verstehe nicht, wieso sie sich ihrer Familie und Freunden gegenüber so benimmt.
Ein »schönes« Buch über Krebs
Ich habe »schönes« in der Zwischenüberschrift einmal in Anführungszeichen gesetzt, da es natürlich nie ein schönes Buch über Krebs geben kann. Aber ich finde, es ist das schönste Buch, das ich jemals über Krebs – und Krankheiten generell – gelesen habe. Das liegt zu einem großen Anteil an A. J. Betts’ Sprache. Die Autorin hat einen herrlich erfrischenden Schreibstil und findet die richtigen Worte, um Zacs und Mias Situation zeitgemäß zu schildern. Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe wird aus den Perspektiven beider Protagonisten erzählt und jede Perspektive hat ihren ganz eigenen Klang.
Zac und Mia haben vollkommen unterschiedliche Arten zu erzählen, weil sie ganz unterschiedlich mit ihrem Schicksal umgehen, und der Erzählstil passt zu beiden Figuren perfekt. Beide Perspektiven sind frisch und jugendhaft, gleichzeitig haben sie aber auch eine gewisse Ernsthaftigkeit innewohnend, die mit einer Diagnose wie Krebs wohl jeden Patienten trifft. Sowohl Zac als auch Mia erzählen mal traurig, mal humorvoll aus ihrem Leben, sodass das Lesen großen Spaß macht. A. J. Betts erzählt in meinen Augen eine überaus authentische Geschichte, die ich der Autorin voll und ganz abgenommen habe.
Was mir auch gut gefallen hat, ist, dass Liebe zwar eine Rolle in diesem Buch spielt, aber sie keinesfalls im Vordergrund steht. Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe behandelt im Vordergrund Themen wie den Umgang mit Schicksalsschlägen, Familie, Selbstfindung, innerer Stärke und Hoffnung. Dieses Buch ist bestimmt von einer Ruhe, die manchmal ganz laut sein kann. Leser, die nach Drama oder Action suchen, sind mit diesem Buch falsch bedient.
Eine Lebens- und zarte Liebesgeschichte, die unter die Haut geht und das schwerwiegende Thema Krebs überraschend optimistisch angeht. Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe ist authentisch, emotional und punktet mit zwei Protagonisten, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Eckdaten: A. J. Betts – Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe (übersetzt von Katharina Diestelmeier und Anja Malich) – Fischer KJB – 2015 – 336 Seiten – 8,99 €
Comments
Lara
Hey du, dieses Buch war für mich genauso eines wie du es im ersten Satz beschreibst. Nur, dass ich es tatsächlich etwas "schneller" gelesen habe. Aber ich war auch total begeistert und das, obwohl ich eigentlich gar nichts großartiges erwartet hatte. Solche Bücher sind doch die schönsten. :) Liebst, Lara.
Janika
to Lara
Liebe Lara, ja, ich habe mir mit der Lektüre tatsächlich etwas Zeit genommen, dafür habe ich sie umso mehr genossen :) Du hast absolut recht. Mit solchen Büchern hat man am meisten Spaß! Alles Liebe. Janika
Zeilentänzerin
Hallo Liebes, was den SuB-Anbau anbelangt bin ich da ja mittlerweile auch auf einem "besseren" Weg =) Es wird einfach Zeit für viele tolle Bücher, die schon lange in meinem Regal schmoren. Wir hatten uns ja am Rande schon einmal über "Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe" ausgetauscht und somit auch darüber, […] Read MoreHallo Liebes, was den SuB-Anbau anbelangt bin ich da ja mittlerweile auch auf einem "besseren" Weg =) Es wird einfach Zeit für viele tolle Bücher, die schon lange in meinem Regal schmoren. Wir hatten uns ja am Rande schon einmal über "Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe" ausgetauscht und somit auch darüber, dass auch ich ungern Geschichten über krebskranke Menschen lese, weil mich das auch sehr traurig macht und runter zieht. Das soll natürlich nicht bedeuten, dass ich es in Buchform komplett tabuisiere, aber, wie du sagst, können Bücher auch sehr dramatisch und wenig lebensbejahend geschrieben sein und das macht mich dann fertig. Dass das hier nicht der Fall war, ist natürlich schön! Eine sehr aussagekräftige Rezension mit wunderschönen Bildern =) Read Less
Janika
to Zeilentänzerin
Hey, es freut mich, dass du auch auf einem »besseren« Weg bist! :) Ich glaube, was Krebs-Bücher angeht gehen wir da in eine sehr ähnliche Richtung, was man lesen möchte und was nicht... Und vor allem was einem selbst guttut :) Danke für deine lieben Worte! Alles Liebe. Janika
msmedlock
Ich erinnere mich an dieses Buch! Wir haben es damals als Leseexemplar bekommen, aber es lag dann so lange auf dem SuB bis ich es irgendwann dem Lehrmädchen geschenkt habe. Ob es der wohl gefallen hat? Ich finde auch, dass Bücher über Krebs immer schwer zu lesen sind. (Kennst du […] Read MoreIch erinnere mich an dieses Buch! Wir haben es damals als Leseexemplar bekommen, aber es lag dann so lange auf dem SuB bis ich es irgendwann dem Lehrmädchen geschenkt habe. Ob es der wohl gefallen hat? Ich finde auch, dass Bücher über Krebs immer schwer zu lesen sind. (Kennst du "Oscar und die Dame in Rosa"?) Vielleicht war es das, was mich so lange davon abgehalten hat, es zu lesen. Naja. Auf jeden Fall ist das hier eine tolle Rezension, meine Liebe. Vielleicht finde ich es ja irgendwann mal in der Bücherei und geb dem Buch noch eine Chance. ;) LG, m Read Less
Janika
to msmedlock
»Oscar und die Dame in Rosa« kenne ich nicht, nein... Wenn es in diesem Buch auch um Krebs geht, ist das aber auch kein Wunder, da ich diese Geschichten meist meide. Einfach weil mich die Bücher oft traurig machen und ich beim Lesen nicht gerne traurig bin :) Danke dir […] Read More»Oscar und die Dame in Rosa« kenne ich nicht, nein... Wenn es in diesem Buch auch um Krebs geht, ist das aber auch kein Wunder, da ich diese Geschichten meist meide. Einfach weil mich die Bücher oft traurig machen und ich beim Lesen nicht gerne traurig bin :) Danke dir auf jeden Fall für deine lieben Worte und ja, ich kann das Buch auf jeden Fall empfehlen. Es ist eine schöne erfrischende Lektüre, die Mut macht. Alles Liebe. Janika Read Less