Catherine Rider – Kiss me in Paris

Mein erstes dies­jähri­ges ge­lese­nes Win­ter­buch. Kam Weih­nachts­stimmung auf? Wollte ich eben­falls das male­ri­sche, weih­nacht­liche Paris be­suchen? Nicht wirk­lich. Ich war froh, als ich das Buch be­enden konnte und habe ehr­lich ge­sagt kaum ein gutes Wort für die Ge­schich­te übrig. Wieso schrei­be ich nun dennoch die­sen Bei­trag, fragt ihr euch vielleicht. Das hat zwei Gründe: Ich möchte Leser vor einem po­ten­ziellen Fehl­kauf be­wah­ren und manch­mal macht ein guter Verriss einfach Spaß. Viel Spaß euch also mit die­sem Verriss.

Kurzbeschreibung

Kiss me in Paris handelt von Serena und Jean-Luc. Einer Ame­rika­ne­rin und einem Fran­zosen, die sich in Paris be­geg­nen und den Tag zu­sammen ver­brin­gen. Beide haben eine Mission. Serena ist auf den Spu­ren ihrer Eltern und be­sucht sämt­li­che Pari­ser Attrak­tio­nen, die ihre Eltern in ihren Flitter­wochen ge­sehen ha­ben. Jean-Luc foto­gra­fiert, um ein Uni­pro­jekt ab­zu­schlie­ßen. Dabei ver­schlägt es sie ge­mein­sam quer durch die fran­zösi­sche Haupt­stadt.

Meinung

Puh, leider haben sich die Meinungen, die ich im Vor­feld über das Buch ge­hört habe, be­stä­tigt. Kiss me in Paris war für mich ein ab­solu­ter Flopp. Dass dieses Buch kein Lese­high­light wird, war be­reits nach zwei Seiten für mich ent­schie­den. Ich sage euch auch warum.

Ausdruck

Kiss me in Paris wirkte von Anfang an wie ein Tage­buch­aus­zug eines pu­bertie­ren­den Mädchens, das arro­gant und ver­wöhnt ist. In Klammern er­fährt der Leser zu­sätz­liche Ein­drü­cke von Se­rena und diese An­mer­kun­gen wa­ren in einem Ton ge­schrie­ben, dass ich sie di­rekt als hoch­näsi­ges Prin­zesschen ein­stuf­te. Mit die­sem Aus­druck ver­mittelt Cathe­rine Rider, übri­gens ein Pseudo­nym für zwei Au­to­ren, nur den Ein­druck, dass Serena in Selbst­mit­leid ertrinkt und so etwas mag ich weder bei fik­ti­ven noch re­alen Per­so­nen.

Hinzu kommt ein stumpfer Aus­druck, der mir Se­renas Cha­rak­ter für mich noch un­sym­pathi­scher machte. Bei­spiels­wei­se er­scheint in zwei auf­einan­der­fol­gen­den Sätzen drei Mal das Wort „na­tür­lich“. So be­teu­ert Se­rena, dass sie »na­tür­lich« alles weiß und sehr ge­bil­det ist. Immer­hin geht sie »na­tür­lich« auf die Colum­bia, wo die Prü­fun­gen na­tür­lich »echt nicht ohne« sind. Meh. Gibt es nicht ande­re Wör­ter, um sich aus­zu­drü­cken? Ein wenig Ab­wechs­lung hätte für mich einiges retten können.

Die bereits er­wähn­ten zu­sätz­li­chen An­merkun­gen in Klammern rei­chen übri­gens nicht, um Serenas Emo­tio­nen ge­nü­gend Aus­druck zu ver­lei­hen. Daher werden auf jeder Seite ge­fühlt fünf Be­griffe kursiv ge­schrie­ben, um den Ernst der Lage zu be­to­nen. Ein Beispiel, di­rekt auf der sechsten Sei­te des Buches: »Alles sieht hier irgend­wie anders aus.« Aha. Be­kommt der Satz mit einem kur­siv ge­setz­ten »anders« eine ganz neue Be­deu­tung? Für mich nicht.

Oder ein paar Zei­len später: »Die in den Nebel em­por­stre­ben­den schmiede­eiser­nen Gitter der Bal­ko­ne kommen mir so … fremd vor« (S. 6). Mal ganz davon ab­ge­sehen dass ich diesen Satz ge­nerell etwas frag­wür­dig finde, muss »fremd« in diesem Kon­text un­be­dingt her­vor­ge­hoben werden. Die schmiede­eiser­nen Gitter sind eben fremd! Unbe­kannt. Anders! Hilfe, es muss kur­siv sein!

Leider ist mir die­ser Punkt di­rekt auf den ersten zwei Lese­sei­ten nega­tiv auf­ge­fallen, so dass ich das ge­samte Buch über diese stilis­ti­schen Eigen­arten be­merkt habe. Ihr kennst es sicher­lich: Wenn einem ein­mal etwas auf­ge­fallen ist, fällt es immer auf.

Figuren

Mein Hauptproblem in diesem Buch ist ein­deu­tig Serena als Cha­rak­ter. Dabei hat mich nicht nur ihre selbst­ver­lieb­te Art ge­stört, son­dern wirklich alles. Sie hat ge­jammert, sich häufig über ihren »exakt 20 Kilogramm schweren Koffer« auf­ge­regt – das Ge­wicht des Koffers wird auf den ersten zehn Seiten mindes­tens fünf­zehn Mal wie­der­holt – und sich so lange mit Proble­men auf­ge­hal­ten, dass das Lesen wirk­lich schwer fällt.

Sie und Jean-Luc haben sich dazu in einer Tour in den Haaren ge­habt und Se­renas Sorgen in Paris wur­den in die Länge ge­zogen, ob­wohl es doch eigent­lich viel Schö­ne­res zum Er­zäh­len gibt. Nein, es muss immer ne­ga­tiv sein. Wenn ich das so schrei­be, fällt mir wirk­lich kein posi­tiver Satz ein, den Leser von Se­rena zu le­sen be­kommen.

Gleichzeitig ist Serena eine recht anstren­gen­de Reise­part­nerin, die mit ihrer Agen­da, dem ewi­gen Rum­ge­hetze und ihrem auf Wiki­pe­dia an­gele­se­nen Wissen sehr selbst­be­zo­gen und he­rab­lassend auf mich wirk­te. Keine Zeit zum Stau­nen und Gucken in Pa­ris. Nein, sie rast von Attrak­tion zu Attrak­tion ohne irgend­ei­nen Ort zu wür­di­gen und ist dabei von Jean-Luc genervt (der wie­derum von Serena ge­nervt ist). Kein Wun­der, dass ihre Schwes­ter nach Madrid ge­flo­gen ist, gerade als Serena nach Paris kam. Mit so einer Schwester würde ich auch kei­nen Ur­laub machen wollen.

Stereotypen & Ideale

Neben dem Jammern kriegen Leser zu­sätz­lich eine ge­hö­rige Portion Ste­reo­typen ge­lie­fert. Diese gehen von dem typisch fran­zösi­schen Achsel­zucken (wie auch immer das gehen mag) und dem typi­schen Wein­trin­ken der Fran­zo­sen bis hin zu der Aussage, dass alle Ame­ri­kaner laut reden und Waffen ha­ben. Stän­dig wurde er­wähnt wie typisch fran­zö­sisch jemand ist oder wie ameri­ka­nisch dies und das doch sei.

Die Ideale, die in diesem Buch vor­ge­stellt werden, sind eben­falls reiz­voll. Serenas Eltern hatten allen Anschein nach eine fan­tas­ti­sche Be­zie­hung, von der man selbst nur träu­men kann. Zumindest legt Se­rena dies so aus. Gleich­zei­tig sagt sie über ihre Eltern und die Kunst des Louvre: »Keiner von beiden wäre auf die Idee ge­kommen, Zeit mit Dis­kussi­onen da­rü­ber zu ver­schwen­den, ob den ande­ren ein Kunst­werk nun be­son­ders be­wegt hat oder nicht.« (Seite 43) Das muss ja echt eine tolle Be­zie­hung ge­we­sen sein, die die bei­den ge­führt haben. Die zwei haben si­cher­lich inte­ressan­te Ge­sprä­che ge­führt, sich immer aus­ge­tauscht und stets ein offe­nes Ohr für den anderen und indi­vidu­elle Mei­nun­gen gehabt.

Fehlende Weihnachtsatmosphäre

Das Buch wirbt mit dem Slogan: A Winter Romance. Wie bereits er­wähnt ist eine Roman­ze in die­sem Buch in Form ewi­ger Nörge­lei­en und Strei­terei­en vor­zufin­den, und was die win­ter­lichen (weih­nacht­li­chen) Um­stände be­trifft, so denke ich, dass dieses Buch eigent­lich prak­tisch zu jeder Jahres­zeit spie­len könn­te. Hin und wieder wer­den »weih­nacht­liche Lichter« und Ren­tiere er­wähnt, aber das war es schon.

Mehr gab es nicht an winter­licher Atmo­sphäre. Es wurde nicht er­wähnt, dass es schneit, jeman­dem kalt ist, weih­nacht­liche Musik durch die Straßen klingt oder sonst ein Stil­mittel be­nutzt, durch das man Weih­nach­ten und Win­ter zum Aus­druck bringen kann.

Das Cover

Das einzige Bild der Cover­collage, das an­satz­weise auf den Roman zu­trifft, ist der Eiffel­turm. Aller­dings wird die­ser im Buch im Dunkeln besucht, so dass man nichts vom Turm sehen kann und von Serena wird er, neben­bei ge­sagt, als ganz schön häss­lich be­zeich­net. Was soll das alles?

Am besten ge­fallen mir die zwei Paar Socken vor dem Ka­min und das kuschelnde Paar auf dem Cover. Die passen näm­lich mal sowas von über­haupt nicht zu der Ge­schich­te, dass ich tat­säch­lich lachen muss, wenn ich mir das Cover nach dem Lesen an­schau­e. Serena und Jean-Luc sind nur un­ter­wegs, es kommt niemals Still­stand bei den beiden auf, so dass sie gar nicht in der Lage sind sich ge­müt­lich vor’s Feuer zu kuscheln. Mal ganz ab­ge­sehen davon, dass sie sich ja eh nur strei­ten und keine Lust auf­einan­der haben. 

Irgendwann habe ich nicht mehr weiter­ge­lesen wegen der Hoff­nung, dass dieses Buch doch noch gut wer­den könnte. Nein, diese Hoffnung starb schnell. Ich las weiter, um diesen Verriss ordent­lich schrei­ben und tat­säch­lich das ganze Buch be­urtei­len zu können. Kiss me in Paris ist eigent­lich nicht mal die zwei Punkte wert, die es von mir für das bild­schöne Cover be­kommen hat.

Ein schönes Cover und der Sticker A Winter Romance reichen leider nicht aus für einen gelungenen Roman. Man bekommt bei Kiss me in Paris, oder aber wie ich es fortan nennen werde Die Streitereien zweier Unbekannter, seichte Kost mit einer unsympathischen Protagonistin.

Janika Zeilenwanderer Signatur

 

Eckdaten: Kiss me in Paris von Catherine Rider, übersetzt von Frank Reinhart – cbt – 2017 – 256 Seiten – € 12,99 [D] – ab 13 Jahren

Summary

Schade! Die Weihnachtsatmosphäre fehlt, eine knisternde Romanze fehlt, ein interessanter Handlungsverlauf fehlt ebenfalls. Die zwei Punkte verdient sich das Buch lediglich durch das wunderschöne Cover, das nicht zur Handlung passt.

— Janika
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