Emma Scott – All In: Tausend Augenblicke

Ihr Lieben, All In: Tausend Augenblicke gehört zu jenen Bücher, die man eine Zeit lang auf sämtlichen Social Media Kanälen im Überfluss gesehen hat. Jeder kannte das Buch, jeder liebte das Buch. Ich weiß nicht, wie ihr zu Hypebüchern steht, aber bei mir ist es meistens so: Entweder ich freue mich auf die Bücher, lese sie sehr schnell und feiere sie mit allen anderen (vorausgesetzt ich mag sie ebenfalls) oder aber ich lerne sie erst über den Hype kennen und werde entweder neugierig oder bin genervt. Im letzten Fall lese ich sie dann gar nicht mehr.

Bei All In: Tausend Augenblicke war es so, dass ich mich auf das Buch gefreut habe und es schon recht früh nach dem Release in meinem Regal hatte und der anschließende Hype mir die Lust auf die Geschichte genommen hat. Ich konnte das Cover einfach nicht mehr sehen und auch die Lobeshymnen gingen mir auf die Nerven. Einige Monate später habe ich das Buch mit der lieben Friederike gelesen und habe nun eine Buchbesprechung zu All In: Tausend Augenblicke. Viel Spaß mit dem Beitrag.

Kurzbeschreibung

Kacey ist die Gitarristin einer aufstrebenden Rockband, doch das Leben als Rockstar tut ihr nicht gut. Eine Party folgt der nächsten und mit jeder Party folgt auch der nächste Absturz. Bei einem ihrer Exzesse wird sie von einem Mitglied der Security vorzeitig nach Hause geschickt und begegnet so Jonah, dem Limousinenfahrer. Jonah und sie verbringen mehr Zeit als geplant und bleiben in Kontakt. Sie kommen sich langsam näher, doch eine furchtbare Wahrheit steht zwischen ihnen und zeigt, dass das Leben öfter als einem lieb ist Schicksalsschläge parat hält …

Kacey Dawson leuchtete, und ich würde es nicht ertragen, wenn dieses schreckliche Wissen sich wie ein Leichentuch über sie legen und ihr Licht durch seine Ausweglosigkeit dämpfen würde.

— S. 84

Meinung

Oft merke ich bei New Adult Büchern, die von der Masse gehyped werden, dass mich die Bücher selbst nicht überzeugen. Sei es Someone New von Laura Kneidl, Begin Again von Mona Kasten oder aber Redwood Love von Kelly Moran. In der Regel sind mir die Geschichten zu klischeebelastet, nicht tiefgründig genug und zu sexistisch. Ihr könnt euch daher sicherlich vorstellen, dass ich ein wenig Angst vor der Lektüre von All In hatte. Im Nachhinein kann ich jedoch sagen, dass diese Angst nicht berechtigt gewesen ist. All In hat mich auf vielen Ebenen bewegt und konnte mich im großen Ganzen überzeugen.

Und noch eine wichtige Ankündigung vorweg. Diese Rezension ist nicht spoilerfrei. Die Autorin sagt von vornherein, wie es um Jonah steht und man weiß als Leser sehr schnell, was mit Jonah passieren wird. Ich möchte deswegen auch nicht um den heißen Brei reden – und vor allem nicht auf das ein oder andere schöne Zitat verzichten, was auch als Spoiler zählen würde. Ihr seid also gewarnt: Wenn ihr nicht wissen möchtet, was Jonahs im Klappentext erwähntes Geheimnis ist, solltet ihr diese Rezension nicht lesen. Da ich die Buchbesprechung so spät nach dem Erscheinungstermin veröffentliche, denke ich aber, dass das so auch in Ordnung ist.

all in emma scott

Jonah & Kacey

Fangen wir bei den Figuren mit Jonah an, der einer der zwei Protagonisten der Geschichte ist. Jonah ist einfach ein toller Charakter. Und vor allem ist er endlich mal ein anständiger männlicher Protagonist in einer New Adult Geschichte! Weg mit den Klischees vom Bad Boy, der nur das Eine möchte und dafür den Respekt vor Frauen ablegt. Jonah begegnet Kacey mit viel Respekt und versucht, immer das Richtige zu tun. Ich kann es gar nicht anders sagen: In meinen Augen ist Jonah ein herzensguter junger Mann und ich wünsche mir im Genre mehr Männer wie Jonah, die wissen, was richtig und was falsch ist und kein nerviges Machogehabe an den Tag legen müssen.

Kacey ist mir ebenfalls sympathisch gewesen und ich finde, sie durchlebt im Laufe der Geschichte eine großartige Charakterentwicklung. Am Anfang standen Alkohol und Party sehr weit oben auf ihrer Liste mit Prioritäten. Doch nach und nach merkt man als Leser, dass mehr hinter Kacey steckt. Sie befindet sich auf der Suche nach sich selbst und vor allem auf der Suche nach ihren eigentlichen Zielen und Wünschen. Sie findet nach langer Zeit heraus, wie ihr eigenes Leben auszusehen hat und welche Personen in ihrem Leben keinen Platz haben dürfen.

Wie bereits erwähnt, hat mir der gute und respektvolle Umgangston der beiden sehr gefallen. Ich finde ihn einfach spitze, da es in dem Genre des New Adult einfach nicht immer der Fall ist. In All In sind beide Figuren sind so unterschiedlich und dennoch tun sie sich unglaublich gut. Jonah und Kacey geben einander Halt und begegnen sich auf einer Augenhöhe. Auch wenn die äußeren Umstände nicht die alltäglichsten sind, denke ich, dass die Beziehung der beiden und vor allem der gegenseitige Respekt, mit dem sich die zwei begegnen, eine äußerst authentische Darstellung ist. Ich habe Emma Scott ihre Figuren vollkommen abgekauft.

all in tausend augenblicke emma scott

Handlung

Kommen wir zu dem düsteren Geheimnis, das Jonah zu Beginn des Romans vor Kacey – jedoch nicht vor dem Leser – geheimhält. Er ist krank. So schrecklich krank, dass er nur noch wenige Monate zu leben hat. Ich finde es großartig, dass Emma Scott niemals mit dem Leser spielt. Sie schenkt reinen Wein ein und lässt den Leser sofort wissen, was Sache ist: Nämlich dass Jonah sterben wird. Man weiß also von Beginn an, dass Jonahs und Kaceys Beziehung zum Scheitern verurteilt ist. Es ist natürlich unendlich traurig, aber ich finde es wirklich gelungen. Das Ende ist herzzerreißend, aber als Leser kann man sich darauf gefasst machen, da eskein Katz-und-Maus-Spiel gab, in dem Sinne, dass man als Leser die Hoffnung hat, Jonah würde doch überleben, nur um ihn am Ende dramatisch sterben zu lassen. Für mich war spätestens am Ende des vierten Kapitels klar, dass Jonah sterben wird. Diese Umsetzung finde ich wirklich gelungen.

Sterben, das hatte ich gelernt, war kein Mannschaftssport. Es war ein grausames Unterfangen. Alle, die ich liebte, standen am trockenen Ufer, während ich allein in einem Boot saß, das sich langsam von der Küste entfernte, und niemand konnte etwas tun. Sie konnten nur dabei zusehen.

— S. 119

Dass der Leser weiß, dass Jonah dieses Buch nicht überleben, es jedoch trotzdem einen zweiten Band geben wird und gleichzeitig Jonahs Bruder Theo eine sehr große Rolle zugeschrieben bekommt, macht die Geschichte alles in allem leider recht vorhersehbar. Sehr schnell waren Friederike und ich uns einig, dass Kacey und Theo eigentlich füreinander bestimmt sind. Nicht nur durch offensichtliche Hinweise, wie ähnliche Interessen und Hobbys, sondern auch, dass selbst Jonah betont, wie seltsam es ist, dass gerade er sich in Kacey verliebt, obwohl sie doch eher der Typ seines Bruders ist. Diese Vorhersehbarkeit hat mich an manchen Stellen etwas gestört, aber an manchen fasziniert, da man durch diese Hinweise wundervolle Theorien spinnen kann, wie sich Kaceys Geschichte weiterentwickeln wird.

Zu Nebenfiguren und -handlungen

Positiv sind mir die Nebenfiguren des Romans aufgefallen – allen voran natürlich Theo. Man hat bei All In nicht den Eindruck, dass es nur um Kacey und Jonah geht, sondern dass auch Familie und Freunde eine große Rolle im Leben der beiden spielen. Gerade den Aspekt der Familie finde ich sehr interessant und erhoffe mir vom zweiten Teil, dass dieser das Thema noch etwas vertieft.

Was ich persönlich etwas schade finde, ist, dass es neben Jonahs Diagnose noch andere Konflikte in der Geschichte gibt, auf die bis zum Schluss nicht weiter eingegangen wurde. Zum Beispiel Kaceys Familie. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich auf Instagram ein kleines Leseupdate in Form eines Videos gemacht habe, als ich etwa die Hälfte des Romans gelesen hatte. In dem Video stellte ich die These auf, dass ich fester Überzeugung bin, dass Kaceys Eltern jetzt, wo Jonahs Diagnose offen im Raum steht, eine präsentere Rolle einnehmen werden. Dass ich denke, dass Jonah Kacey helfen wird, einen besseren Draht zu ihren Eltern aufzubauen. Mensch, was habe ich falsch gelegen. Und auch Jonahs Eltern haben das ein oder andere Päckchen zu tragen, gerade in Bezug auf Jonahs Bruder Theo. Ich schätze mal, dass die Elternkonflikte in Band zwei thematisiert werden. Wenn nicht, wäre ich doch ziemlich enttäuscht, da dieser Aspekt in Kaceys als auch Theos Leben eine große Rolle spielt.

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Schreibstil

Der Schreibstil ist dem Genre entsprechend und unglaublich emotional. Er verkörpert nicht unbedingt anspruchsvollste Literatur, aber Emma Scott weiß definitiv, wie man Leser bewegt. Sie schreibt sehr emotional, teilweise – gerade zum Ende der Geschichte hin – sogar etwas kitschig. Manchmal liest sich All In etwas abgehackt und abrupt – als würde es kleine Gedankenfetzen der Charaktere geben. Dies finde ich nicht unbedingt schlimm, aber es ist eine Sache, auf die man sich einstellen muss. Für mich war es einfach eine Umstellung, weil ich vor All In das neue Buch von Jenny-Mai Nuyen gelesen hatte. Die Töchter von Ilian ist mit seinem poetischen Schreibstil, bei dem man teilweise Sätze mehrfach lesen muss, um sie wirklich zu verstehen, eine ganz andere Nummer als All In.

Erzählt wird All In aus den Perspektiven von Jonah und Kacey, was ich sehr genossen habe. So weiß man als Leser stets mehr als die Charaktere selbst, da man in die Köpfe von mehr als einer Person schauen darf. Besonders gut haben mir dabei die Einblicke in Jonahs Vergangenheit gefallen und auch die Momente rund um seine Diagnose und Prognose. Diese Passagen empfand ich als sehr ergreifend und sehr spannend. Generell finde ich, dass Emma Scott Jonahs Diagonose sehr schön ausformuliert hat. Nicht, dass es schön wäre über einen sterbenden Menschen zu lesen, aber hin und wieder streut sie einfach weise Sätzen und interessante Metaphern ein. So hat mir beispielsweise die Metapher des immer wiederkehrenden Bootes als Sinnbild für Jonahs Tod gut gefallen.

Der Nachklang

Was ich persönlich etwas schade finde, ist, dass ich die Geschichte einige Tage nach dem Lesen schon vergessen hatte. Sie hatte gar keinen tieferen Effekt auf mich, was mich bei dem Thema des Romans doch etwas erstaunt hat. Gerade jetzt – ich schreibe die Rezension etwa zweieinhalb Wochen nach der Lektüre – fühlt es sich an, als sei das Lesen der Geschichte keine vierzehn Tage her, sondern eher vierzehn Wochen. Dafür dass das Buch so emotional ist, konnte ich die Geschichte erstaunlich schnell vergessen, womit ich nicht gerechnet hätte.

Eine emotionale Geschichte, die angenehm verfasst wurde und viele schöne Zitat birgt. Die Figuren waren mir sympathisch, nur war ich enttäuscht, wie schnell ich die Geschichte wieder vergessen habe – insbesondere bei der Thematik des Romans.

Janika Zeilenwanderer Signatur

Eckdaten: Emma Scott – All In: Tausend Augenblicke (übersetzt von Inka Marter) – LYX – 2018 – 432 Seiten – 12,90 €

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