Lena Kiefer – Don't Love Me

Wenn man in der deutschsprachigen Buchbubble unterwegs ist, wird man in den letzten Monaten nicht um einen Namen herumgekommen sein: Lena Kiefer. Mit ihrer Ophelia Scale Trilogie begeisterte sie zahlreiche Leser:innen und räumte Leserpreise ab. Während diese Trilogie eher in den Bereich Fantasy fällt, hat sich die Autorin Ende 2020 dem New Adult gewidmet und den Auftakt ihrer neuen Trilogie veröffentlicht. Und um diesen soll es heute gehen. Viel Spaß mit meiner Rezension zu Don’t Love Me.

Worum geht’s in Don’t Love Me?

Kenzie ist nicht gerade begeistert davon, in den schottischen Highlands ihr Design-Praktikum zu absolvieren. Doch als sie bei ihrem ersten Auftrag dem jungen Erben der Luxushotelkette begegnet, ändert sich alles. Der attraktive Lyall fasziniert sie von der ersten Minute an. Doch welches Geheimnis verbirgt er hinter seinem abweisenden Verhalten?

Lyall bleibt ein Sommer, um sich am Stammsitz seiner altehrwürdigen Familie zu bewähren. Gelingt ihm das nicht, ist seine Zukunft in Gefahr. Als er der Designstudentin Kenzie begegnet, gerät sein Plan ins Wanken. Denn ihrer Anziehungskraft kann er einfach nicht widerstehen. Doch keiner weiß besser als er, wie verhängnisvoll eine Beziehung zu ihm für sie enden könnte.

Meinung

Ich habe die Ophelia Scale Trilogie noch nicht gelesen – sie steht noch auf meiner Wunschliste – und bin dementsprechend offen in die Lektüre gestartet. Dabei sind mir zunächst zwei Dinge positiv aufgefallen: Kenzie ist herrlich schlagfertig und tough, Lena Kiefer hat einen klasse Schreibstil! Insgesamt ist der Roman sehr angenehm zu lesen und ich habe Kenzies Gedanken mit viel Interesse verfolgt.

Innerhalb weniger Seiten konnte ich mir Kenzies gesamtes Umfeld und ihre Umgebung gut vorstellen. Auch konnte ich mir einen ersten Eindruck von ihr als Figur machen, weil Lena Kiefer einige ihrer Werte und Ansichten bereits in den ersten Kapitel klar und deutlich hervorhebt. So ist Kenzie beispielsweise eine echt toughe Person, was mir richtig gut gefallen hat, und ihre Familie bedeutet ihr alles, was ich gut nachvollziehen konnte. Gleichzeitig hat sie aber ihre Träume und Ziele, die sie erreichen möchte, und steht zu Beginn der Lektüre für einer wichtigen Entscheidung. 

Was Kenzies Interessen, Träume und Ziele betrifft, hat Lena Kiefer für mich Originalität bewiesen, denn Kenzie hat ihren eigenen Van umgebaut und brennt für Innendesign und Architektur. Für mich hat die Autorin in diesem Punkt etwas Neues ins Genre eingebracht – zumindest habe ich noch keinen Roman gelesen, in dem die Figuren ein so großes Interesse für Architektur und Innendesign zeigen wie Kenzie (und auch Lyall). 

don't love me kiefer

Setting und Grundidee

Ich bin auf Don’t Love Me aufmerksam geworden, weil es eine wunderschöne Illustration gibt. Lyall und Kenzie sind in Kenzies Van und küssen sich. Allerdings hätte ich den Roman nicht allein wegen einer Illustration gelesen. Der Klappentext lockte mich mit den Worten »schottischen Highlands«, denn genau dort spielt die Geschichte. Hier muss ich jedoch ehrlich zugeben, dass ich mir ein wenig mehr Schottland erhofft hätte. Ich glaube, ich hatte einfach die Erwartung, dass Kenzie, da sie den Van hat und sich in Schottland befindet, auch Tagesausflüge macht oder generell etwas mehr von Schottland sehen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall, kommt vielleicht aber in den Folgebänden noch, wer weiß. 

Kenzie ist für ein Praktikum in Schottland, was mir ebenfalls zugesagt hat, da Praktika verhältnismäßig selten in New Adult Büchern thematisiert werden und Don’t Love Me auch in diesem Punkt für mich frischen Wind ins Genre gebracht hat. Im Gegensatz zu vielen anderen Büchern des Genres zieht die Protagonistin nicht einfach nur in eine neue Stadt, um zu studieren, sondern erhascht erste Eindrücke aus der Arbeitswelt. Mir hat auch gefallen, dass das Praktikum tatsächlich relevant ist und die Autorin Leser:innen Einblicke in Kenzies Arbeitsalltag gibt. Wir sind bei Meetings dabei, spüren Kenzies Leidenschaft und lesen, wie sie beim Designen aufgeht. Ich finde es schön, dass das Praktikum eine verhältnismäßig große Rolle spielt und sich nicht nur alles um die Liebesgeschichte, zufällige Begegnungen und Dramen dreht. 

Was Lyalls und Kenzies Liebesgeschichte angeht, sind »zufällige Begegnungen« jedoch nicht zu unterschätzen. Mich persönlich hat es beim Lesen nicht gestört, aber ich kann mir gut vorstellen, dass einige Leser:innen die Handlung an manchen Stellen als konstruiert wahrnehmen. Es kommt ja auch immer auf die Stimmung an, die man beim Lesen hat, und in meinem Fall hat es mich nicht gestört, dass sich die beiden ständig über den Weg laufen – auch wenn dies teilweise auf sehr unrealistisch Weise passiert (bspw. dass beide zufällig am gleichen Abend die weite Strecke nach Edinburgh in Kauf nehmen, um dann im gleichen Club zu feiern).

Professionalität im Arbeitsalltag? Nicht immer.

Zum Thema Berufsalltag noch ein kleiner Exkurs zu einer Sache, die mir etwas missfallen hat. Ich hatte häufig das Gefühl, dass sämtliche Figuren in ihrem Berufsalltag relativ unprofessionell miteinander umgehen. Die Themen Architektur und Innendesign finde ich wie gesagt klasse, nur leider ging durch das Benehmen der Figuren für mich an manchen Stellen die Glaubwürdigkeit verloren.

Klar, man kann Probleme mit bestimmten Menschen haben, aber wenn es darum geht, Kund:innen zu gewinnen, reißt man sich zusammen, geht nicht vollkommen respektlos miteinander um und klärt gewisse Dinge vielleicht eher in Abwesenheit der Kund:innen. Dieser harsche Ton hat mir persönlich nicht zugesagt und ich habe mich gefragt, wie glaubwürdig dieses Verhalten ist, wenn man in einer so mächtigen (und vor allem professionell erfolgreichen) Familie aufwächst. 

Mein Leseempfinden

Mit 432 Seiten ist Don’t Love Me nicht unbedingt ein langer Roman, ich empfand es leider ab einem gewissen Punkt so. Lena Kiefer wendet ein interessantes Stilmittel an: Nachdem man ein Kapitel aus Kenzies Perspektive gelesen hat, folgt beispielsweise ein Kapitel aus Lyalls Sicht, das etwas weiter zurückgeht, sodass Leser:innen die gleichen Ereignisse aus beiden Perspektiven erleben. Die Handlung setzt sich also nicht nahtlos fort, sodass es einige Male zu Doppelungen kommt. 

Um das Innenleben der Figuren kennenzulernen und eine Bindung zu ihnen aufzubauen, ist dies sicherlich hilfreich. Man weiß als Leser:in einfach, woran man ist. Ich persönlich hätte diese Doppelungen jedoch nicht so häufig gebraucht, da ich mir die Figuren auch so gut vorstellen konnte und ich lieber wissen wollte, was als Nächstes passiert. 

Hinzu kommt, dass ich nicht immer das Gefühl hatte, dass wichtige Informationen vermittelt wurden. Dadurch hatte ich den Eindruck, dass ich beim Lesen nicht wirklich vorankomme und sich die Lektüre ein wenig zieht. Gleichzeitig hatte ich immer wieder den Gedanken, dass Lyall und Kenzie sich im Kreis drehen. Sie fühlen sich zueinander hingezogen, dann gehen sie auf Abstand, danach fühlen sie sich wieder zueinander hingezogen, um erneut auf Abstand zu gehen usw. Kurz gesagt: Don’t Love Me hätte für meinen persönlichen Geschmack auch mit etwas weniger Seiten gut funktioniert.

don't love me cbj

Meine Knackpunkte bei Don’t Love Me

So weit, so gut. Don’t Love Me ist kein schlechtes Buch, aber für mich persönlich eben auch kein Lesehighlight geworden. Es ist für mich eine gute Lektüre für zwischendurch, die mich auf die anderen Bücher der Autorin neugierig gemacht hat, weil ich die Hauptfiguren interessant und den Schreibstil angenehm finde. Abschließend möchte ich dennoch kurz darauf zu sprechen kommen, was für mich die ausschlaggebenden Punkte sind, wieso Don’t Love Me sich im guten Mittelbereich eingependelt hat. 

Der fehlende Funke

So spannend die Umstände von Kenzie bei ihrem Praktikum auch sind, so ist Don’t Love Me schon als Liebesroman einzuordnen. Leider ist der Funke zwischen Lyall und Kenzie bei mir nicht ganz angekommen. Das finde ich schade, weil der Fokus eben auf einer Liebesgeschichte liegt. Dass sich Lyall zu Kenzie hingezogen fühlt, kann ich absolut verstehen. Mir war nur schleierhaft, wieso Kenzie ihn mag. Sie denkt teilweise so schlecht über ihn und ich frage mich, wieso sie trotzdem seine Nähe sucht? Nur weil er gut aussieht? 

Die Abneigung gegenüber Lyall

Was ich sehr speziell fand, war, dass der gesamte Ort Lyall stark verabscheut und wahnsinnige Beschützerinstinkte für Kenzie hegt. Ich habe es etwas fragwürdig gefunden, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass sich das Leben aller so stark um die beiden dreht. Ich fand es auch etwas sonderbar, dass die Einwohner auch Jahre nach den Geschehnissen noch so eine große Abneigung gegenüber Lyall verspüren.

Lyalls Schwester (Spoiler)

Dies ist nur ein kleiner Punkt, aber es betrifft eine Passage, die mich noch lange beschäftigt hat. Ich weiß, es sind Figuren und es ist fiktiv. Ich kann mich jedoch beim Lesen nicht ganz von dem Thema distanzieren. Bei Lyalls Schwester ist es nun so, dass sie eine Vorliebe für vergebene Leistungssportler hat. Aussagen wie »Ich glaube nicht, dass die Beziehung sonderlich ernst war. Sie sollten mir dankbar sein, dass ich sie zerstört habe, bevor sie viel Geld für den Scheidungsanwalt ausgeben mussten.« (S. 122) lassen mich erst mal schlucken, das Buch zur Seite legen und machen mich wütend. Ich gehe davon aus, dass nicht alle Leser:innen so ein Problem mit solchen Aussagen haben wie ich, aber es ist eben eine Aussage, die in mein persönliches Leseempfinden mit hineingespielt hat. 

Eine angenehme Lektüre für zwischendurch, die sich für mich an manchen Stellen etwas gezogen hat, die aber mit einer einzigartigen Hauptfigur und einem angenehmen Schreibstil überzeugt.

Janika Zeilenwanderer Signatur

Eckdaten: Lena Kiefer – Don’t Love Me – cbj – 2020 – 432 Seiten – 12,90 €

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