Ihr Lieben, momentan bekommt ein Buch im deutschsprachigen Raum ziemlich viel Aufmerksamkeit: Game of Gold von Shelby Mahurin. Das Original – Serpent & Dove – stand einige Zeit ungelesen im Regal und endlich habe ich es auch beendet. Nun ist die Rezension auch getippt und ich wünsche euch viel Spaß mit dem Beitrag!
Worum geht’s in Serpent & Dove?
Lou ist eine Hexe. Doch das darf niemand wissen, denn Hexenjäger, sogenannte Chasseure, sind auf der ständigen Suche nach Hexen. In Cesarine, der Ort, in dem Lou derzeit lebt, werden Hexen gefürchtet und verbrannt, sobald sie geschnappt werden. Doch Lou versucht nicht nur den Hexenjägern aus dem Weg zu gehen, sondern auch anderen Hexen, seitdem sie vor zwei Jahren aus ihrem Hexenzirkel floh. Durch ein verzwicktes Manöver gerät Lou in die Situation, einen Hexenjäger heiraten zu müssen, und so ganz entziehen kann sie sich dem Charme ihres Feindes nicht …
Meinung
Serpent & Dove ist ein kleiner Genuss im Bereich Romantasy und ich glaube, es hat mich lange kein Buch in dem Genre so sehr begeistert wie dieses. Wobei ich sagen muss, dass ich mir schon mehr Magie gewünscht habe. Diese findet nämlich nur in einem sehr überschaubaren Rahmen Beachtung und es gibt viel eher theoretisches Wissen über Hexen als tatsächliche Magie. Ich ging in diesem Punkt wohl mit ganz anderen Erwartungen an die Lektüre. Die ersten Begriffe, die mir auf dem Umschlag auffielen, waren »Hexe« und »Hexenjäger«.
Ich hatte mir einfach mehr Zauberei gewünscht. Nicht in einem Ausmaß wie bei Harry Potter, aber kleine Zauber, die Lou im Alltag anwendet. Abgesehen davon fand ich die Umsetzung aber gelungen. Besonders interessant fand ich die Kluft zwischen Hexen und Chasseuren, denn beide Gruppen haben ihre eigenen Ideologien, hinter denen sie voll und ganz stehen. Lou steht ein wenig zwischen den Fronten. Sie verabscheut – wie alle Hexen – die Chasseure und steht hinter den Hexen, vor denen sie sich gleichzeitig fürchtet. Diese Perspektive der Zerrissenheit und ihr Zwiespalt haben mir gut gefallen.
I knew what came next. I recognized the faint brush of energy against my skin, the familiar thrumming in my ears.
Magic.
Then came the screams.
Interessant und beängstigend fand ich das Leben der Chasseure, deren Lebensstil wohl mehr einem Kult ähnelt als etwas anderem. Sie rechtfertigen die Hexenjagd mit Religion und selbst wenn dies beim ein oder anderen Punkt für Widersprüchlichkeit sorgt, stehen die Chasseure doch dahinter. Es ist etwas gruselig und gleichzeitig unterhaltsam, Einblicke in diese Denkensart zu bekommen. Die Chasseure halten krampfhaft an ihrer Argumentation fest, sei sie noch so zweifelhaft.
Andersherum sind aber auch die Einblicke in den Hexenkult interessant – besonders das letzte Viertel der Lektüre war genial. Ähnlich wie die Chasseure kennen viele Hexen nämlich auch nur zwei Seiten: gut und böse. Welche Opfer sie bereit sind zu geben, um ihre Ziele zu erreichen, ist erschreckend. Mir hat gefallen, dass Lou und ihre Freunde die Welt, in der sie leben, langsam aus einer anderen Perspektive betrachten und nicht alles schwarz und weiß sehen. Auch die Gründe, wieso Charaktere ihre bisherige Meinung ablegen und eine neue annehmen, fand ich klasse.
Lou und Reid
Was mir leider nicht ganz klar wurde, waren die gegenseitigen Gefühle von Lou und Reid. Klar, irgendwo mochte ich das Hate-to-Love-Trope, was man von Anfang an kommen sieht. Allerdings hat es sich für meinen Geschmack ein wenig zu schnell entwickelt. Vor allem in Bezug auf die Intensität der Gefühle, wenn ich bedenke, dass Reids Herz lange Zeit einer anderen Frau gehört hat, die ihm – zumindest zu Beginn von Serpent & Dove – noch sehr viel bedeutet hat. Im großen Ganzen mochte ich die zwei zusammen aber sehr.
Besonders Lou. Sie ist eine Figur ganz nach meinem Geschmack und im Gegensatz zu so vielen anderen weiblichen Charakteren des Genres keine graue Maus. Lou ist vielmehr das komplette Gegenteil! Sie flucht, ist erfahren und weiß (meistens) genau, was sie will. Ihr Fluchen und wie schockiert andere darüber sind, hat mir beim Lesen extrem viel Spaß gemacht.
My articulate husband choked on the rest of his words, eyes boggling. »Wh– what did you just say?«
Hearing impairment. It was getting alarming.
»Oh, don’t be so priggish, Chass.«
Reid ist der komplette Gegensatz zu Lou, sodass die beiden ein interessantes Team darstellen und für viel Unterhaltung sorgen. Lou und Reid sind Erzfeinde und nur Lou weiß, dass das so ist. Reid, der als Chasseur Hexen jagt, ahnt nichts von Lous wahrer Identität als Hexe. Dementsprechend offen beteuert er auch seine Abscheu für Hexen. Lou hingegen hält ebenfalls nicht viel von Reid und den Chasseuren. So entstehen einige unterhaltsame Gespräche, bei denen Lou ihren Standpunkt stark vertritt. Das fand ich super! Auch wie die beiden aufeinander wirken und sich beeinflussen, hat mir gut gefallen.
Nebenfiguren
Doch Serpent & Dove überzeugt nicht nur mit den beiden Protagonisten. Shelby Mahurin hat noch vielen weiteren wundervollen Figuren Leben eingehaucht, die das Umfeld von Lou und Reid bereichern.
Mein Liebling ist dabei ganz klar Ansel! Schon vom ersten Moment an habe ich ihn in mein Herz geschlossen mit seiner zarten, unbeholfenen und doch so selbstbewussten Art. Ansel ist für mich der Inbegriff eines vielschichtigen Charakters. Einerseits versucht er es allen rechtzumachen, andererseits versucht er aber auch, zu sich selbst zu stehen und seinen eigenen Weg zu gehen. Das fand ich klasse.
Aber auch Figuren wie Lous Freundin Coco und Jean Luc fand ich interessant. In puncto Figuren hat mich Shelby Mahurin also voll und ganz überzeugt.
»Nonsense.« He actually reached out and grabbed my arm, tucking it firmly beneath his. I flinched away from the contact instinctively, but it was no use. Within seconds, he’d dragged me out into the corridor. »I promised Reid I would stay with you, and stay with you I shall.«
Handlung und Ausdruck
Die Handlung an sich fand ich unterhaltsam. Ziemlich flott gelingt Shelby Mahurin der Einstieg in die Geschichte und der Leser findet sich an Lous Seite direkt im großen Abenteuer. Meiner Meinung nach hat die Autorin damit alles richtig gemacht – meine Aufmerksamkeit und Neugierde hatte sie von der ersten Seite an. Sie konnte sie auch halten, wenn auch nicht durchgehend. So fand ich beispielsweise, dass sich die Handlung in der ersten Hälfte oft im Kreis gedreht hat, beziehungsweise dass Stillstand bei Lou und Reid herrschte.
Am besten hat mir aber tatsächlich das letzte Viertel gefallen. Lou, Reid und die anderen Figuren werden aus ihrem bisherigen Leben gerissen und sehen sich auf einmal mit großen Gefahren und neuen, lebensverändernden Erkenntnissen konfrontiert. Hier hat mich Shelby Mahurin voll und ganz abgeholt und Serpent & Dove wurde für mich zum absoluten Pageturner. Wenn der Schluss die Richtung vorgibt, die Blood & Honey prägen wird, ist meine Vorfreude auf die Fortsetzung extrem gestiegen. Denn das, was es am Ende zu lesen gab, habe ich mir viel früher in der Lektüre gewünscht (Stichwort Hexen und Magie).
Den Schreibstil der Autorin fand ich gut und auch den Figuren entsprechend. Erzählt wird Serpent & Dove nämlich aus den abwechselnden Perspektiven von Lou und Reid. Dass die Charaktere nicht nur anders sprechen, sondern auch anders denken, wird dem Leser durch die Erzählperspektiven gut klar. Ich kann hier auch gar nicht sagen, welche Perspektive ich lieber mochte. Beide hatten ihren Reiz und eigentlich fand ich wohl die Kapitel am besten, in denen Lou und Reid jeweils alleine mit Ansel sind. Hier kamen einfach die amüsantesten inneren Konflikte und Erkenntnisse zum Vorschein und ich finde Ansel einfach klasse. Er ist mein Held der Geschichte.
Eine unterhaltsame Romantasy-Geschichte, auf deren Fortsetzung ich sehr gespannt bin.
Eckdaten: Shelby Mahurin – Serpent & Dove – HarperTeen – 2019 – 528 Seiten – 9,49 €*