Wilder Poetry – Nocturnal

In Ordnung, wo fange ich an? Vielleicht ganz beim Anfang. Ich habe Nocturnal beim Stöbern im Stauffacher in Bern entdeckt, wollte es mir kaufen, habe mich dann jedoch dagegen entschieden. Doch das Buch ließ mich nicht los. Als ich es in der Buchhandlung öffnete und mir die Seiten anschaute, war es um mich geschehen, und das Buch durfte einige Wochen später doch noch bei mir einziehen. Ich habe noch nie eine so schöne Innengestaltung eines Buches gesehen. Wirklich wahr, es ist einfach wunderschön. Und die Gestaltung passt einfach. Die Atmosphäre, die durch die Texte und Illustrationen erzeugt wird, ließ mich beim Lesen so fühlen, als wäre ich woanders.

Eingeteilt sind die Gedichte in vier große Abschnitte: Dusk, Northern Lights, Howl und Lucid Dreams. Allein schon die Überschriften der einzelnen Parts … Für mich ist diese Gedichtsammlung einfach magisch, verträumt und wundervoll. Ich habe sämtliche Gedichte innert weniger Stunden gelesen. An einem verregneten Freitagvormittag mit meinem Hund an mich gekuschelt, in eine Decke eingemummelt und mit einer heißen Tasse Tee auf dem Tisch vor mir. Solltet ihr die Möglichkeit haben, dieses Buch so oder auf ähnliche Weise zu lesen, tut es. Es ist unbeschreiblich.

my eyes will remember
how to love the world
under changing skies.
when the light changes,
so does the view.

— S. 3

Die Gedichte sind meistens sehr kurz, gehen nur über eine Handvoll Zeilen, aber gerade in ihrer Kürze sagen sie viel aus und haben etwas in mir bewegt. Mitunter sind die Gedichte verspielt und süß und voller Fantasie, beinahe als wären sie aus der Perspektive eines Kindes verfasst.

Teilweise sind sie aber auch sehr melancholisch. Über einen großen Teil der Lektüre hinweg dachte ich immer wieder an das Wort nostalgisch, denn das Wort beschreibt die meisten Texte treffend. Es liegt ihnen eine Schwere inne, etwas Trauriges, aber gleichzeitig auch etwas Hoffnungsvolles.

nocturnal wilder poetry

Ich muss zugeben, mir hat die Lektüre Spaß gemacht, aber gänzlich überzeugen konnte sie mich nicht. Manche Gedichte sind eher kurze Gedankenfetzen oder Snippets, gehen kaum über zwei Zeilen. Diese Sätze fand ich meistens schön und inspirierend, weil sie einfach ein Gefühl oder einen Gedanken darstellen.

i dream of an almighty night
full of wonder and a north star
that knows the way.

— S. 113

Mit anderen Texten wiederum konnte ich nicht viel anfangen. Ich hatte das Gefühl, sie sind zu privat und zu sehr aus dem eigenen Leben von Wilder Poetry gegriffen. Mir fehlte der Hintergrund, um die Texte zu verstehen und ich konnte sie auch nicht auf mich selbst beziehen. Wisst ihr, wie ich das meine? Die Reaktion war einfach so: Das ist etwas, das einer fremden Person viel bedeutet, ich aber nicht verstehe, auch nicht auf mein Leben anwenden kann und jetzt habe ich ein Fragezeichen im Gesicht.

Hinzu kommt, dass ich bei manchen Gedichten aus Nocturnal das Gefühl hatte, als würde Wilder Poetry ein wenig in Selbstmitleid baden. Es kam mitunter eine weinerliche Stimmung auf, bei der ich den Eindruck hatte, die Autorin versetzt sich selbst in die Opferrolle. Mit sowas kann ich nicht umgehen und dementsprechend waren manche Texte einfach nichts für mich. Die für mich schönsten Gedichte waren in den Abschnitten Dusk und Howl.

Nocturnal ist wohl eines der schönsten Bücher in meinem Regal. Jedoch reicht die Optik alleine nicht für eine gelungene Lektüre aus. Die Gedichte sind einerseits voller Fantasie und sehr inspirierend, teilweise waren sie mir aber auch zu abstrakt beziehungsweise zu persönlich, sodass ich sie nicht verstanden habe.

Janika Zeilenwanderer Signatur

Eckdaten: Wilder Poetry – Nocturnal – Andrews McMeel – 2019 – 176 Seiten – 11,95 €

2 comments
13 likes
Prev post: Leseliste für den OktoberNext post: Sonntagszeilen –
Janika im Zwiespalt

Related posts

Comments

  • Zeilentänzerin

    Oktober 12, 2019 at 20:53
    Reply

    Das Buch schaut wirklich super hübsch aus. Die Innenseiten sprechen mich auch sehr an. Manchmal entdeckt man sehr unverhofft die schönsten Büchlein. Schade nur, dass der Inhalt nicht ganz mit der Optik mithalten konnte!

    • Janika
      to Zeilentänzerin

      Oktober 13, 2019 at 17:05
      Reply

      Hey, ja, die Innenseiten sind wunderschön. Viele sind auch komplett schwarz mit weißen Illustrationen und Texten. Superschön! Nur die Texte selbst sind manchmal eben sehr speziell. Aber alles in allem finde ich es trotzdem schön, das Buch in meinem Regal zu haben :)

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Über mich
Janika Mielke Portrait

Hallo und herzlich willkommen auf Zeilenwanderer. Ich bin Janika und schreibe hier über Literatur und mehr. Viel Spaß beim Stöbern und Entdecken! Mehr über mich

Aktuelle Lektüre


Kathryn Purdie – Bone Crier's Moon

Blog abonnieren
Loading

Ihr wollt mir via WordPress Reader folgen? Nichts leichter als das! Einfach Zeilenwanderer in das Suchfeld eingeben und abonnieren.

Oder ihr klickt auf diesen Link Zeilenwanderer, um direkt zu abonnieren (Eine Weiterleitung erfolgt nur, wenn ihr über WordPress angemeldet seid).

Aktuelle Beiträge

That’s why literature is so fascinating. It’s always up for interpretation, and could be a hundred different things to a hundred different people. It’s never the same thing twice.

— Sara Raasch
Beliebte Beiträge
Archiv
Gut zu wissen

Rezensionsexemplare erhalte ich im Austausch gegen eine Rezension. Meine Meinung bleibt dabei jedoch immer ehrlich und unverfälscht.

Mit einem Klick auf die auf Zeilenwanderer verwendeten Links (wie bspw. Instagram) werden Daten an die Server der entsprechenden Seiten gesendet und verlassen damit diese Seite.

Ich benutze freiwillig Affiliate Links, die immer mit einem * markiert sind. Wenn du etwas über diese Links kaufst, erhalte ich eine kleine Provision. Für dich ändert sich damit nichts. 

Weitere Informationen zu diesem Thema findet ihr hier und hier