Sarah Alderson – Lass mich nicht los

Ihr Lieben, heute habe ich eine Buch­be­spre­chung zu einem Buch für euch, das vielleicht eure nächste Sommer­lek­tü­re wird. Lass mich nicht los von Sarah Alder­son ist in meinen Au­gen näm­lich ein Spitzen­kandi­dat für eine schöne Ge­schich­te, die man wäh­rend der war­men Mona­te ge­nießt. Der Ro­man ent­führ­te mich auf eine Insel an der Ost­küs­te Ame­ri­kas und überrasch­te mich nicht nur mit einer sü­ßen Ro­man­ze, sondern mit viel Tief­gang und eini­gen Kehrt­wen­dun­gen. Viel Spaß mit der Re­zen­sion!

Kurzbeschreibung

Ems bester Freund Jake zog vor sechs Jahren um und die bei­den ver­lo­ren den Kon­takt. Und das in der Zeit, in der Em Jake be­sonders ge­braucht hätte. Em möchte ge­rade die Ver­gangen­heit hinter sich lassen und mit dem ab­schlie­ßen, was sie als Jugend­liche er­fah­ren hat, als Jake plötz­lich wie­der auf der Insel auf­taucht. Ein emo­tio­na­les Tau­zie­hen be­ginnt, denn die Ver­bin­dung der beiden ist auch nach Jah­ren noch vor­han­den. Doch mit ihr kommt auch die Angst, dass Jake Em wie­der allei­ne lässt.

Seine Stimme klingt tiefer, weicher als früher. Aber der Tonfall, mit dem er meinen Namen ausspricht, ist noch derselbe … und augenblicklich löst sich etwas in meinem Inneren.

— S. 12

Meinung

Mein Lese­erleb­nis von Lass mich nicht los könnte man bei­nahe als mono­ton be­zeich­nen. Ich wusste von der ers­ten Sei­te an, dass mir die Ge­schich­te ge­fallen wür­de. Es gibt hin und wieder die­se Bücher, bei denen man das ein­fach weiß, und ich bin froh, dass ich mit Sarah Alder­son eine Auto­rin ent­deckt habe, bei deren Bü­chern ich so fühle. Mono­ton ist das Lese­erleb­nis übri­gens, weil ich durch­weg alles gut fand.

lass mich sarah alderson

Sieht man das Cover, wird man dazu ver­lei­tet zu denken, dass man mit Lass mich nicht los eine simple Lie­bes­ge­schich­te in den Händen hält. Doch das Cover trügt. Es gibt eine Lie­bes­ge­schich­te, aber es gibt noch so viel mehr in die­sem Buch. Etwas, das die Le­ben von Em und Jake bei­nahe zer­stört hätte. Unter­schied­li­che Fak­to­ren, die das Leben in un­ge­ahnte Rich­tun­gen lenkten, und Dinge, von denen man hofft, dass man sie selbst nie er­le­ben muss.

Erzählt wird das Buch aus un­ter­schied­lichen Pers­pek­ti­ven. Einmal na­tür­lich Jake und Em im Jetzt, dann gibt es aber auch Ab­schnitte, die das Puzzle der Ver­gan­gen­heit Stück für Stück zu­sammen­setzen. Die schlimmen Din­ge, die Em wi­der­fahren sind, wer­den in Rück­blen­den immer mehr auf­ge­deckt.

Em + Jake

Em ist eine äußerst auf­opferungs­volle Per­son. Ihre eige­nen Träu­me steckt sie zu­rück, um ihre Eltern zu unter­stützen: Ihr Vater hat multi­ple Skle­rose, was die Fa­mi­lie sehr be­las­tet. Das Haus muss an vielen Stellen reno­viert wer­den, die Ar­beit im eige­nen Ge­schäft kann nur schwer be­wäl­tigt werden, während sich gleich­zei­tig noch je­mand um den er­krank­ten Vater kümmern muss. Hin­zu kommen Geld­sor­gen, denn die ho­hen Arzt­rech­nun­gen lassen die Fa­mi­lie kaum über die Run­den kommen. Em hilft, wo sie nur kann, doch man merkt als Leser:in schnell, dass ihr Leben sie alles ande­re als glück­lich macht. Zu viel be­las­tet sie – auch ihre Ver­gangen­heit.

Als Charakter an sich hat mir Em gut ge­fallen. Sie ist ein Mädchen, das nicht typisch Mäd­chen ist. Als Kind liebte sie Eis­ho­ckey, prügel­te sich mit den Jungs und auch heute ist sie noch sehr im­pul­siv. Hin und wieder haben mich Ems wi­der­sprüch­li­che Ge­füh­le ein wenig irri­tiert, doch ich hatte keine Probleme da­mit, mich in sie hinein­zu­ver­setzen. Ich schloss Em schnell ins Herz und wünschte mir, dass sie eines Tages glück­lich sein und sich selbst ver­wirk­li­chen würde.

Jake war mir eben­falls von Beginn an sym­pa­thisch. Er ist ein­fach nur süß und un­glaub­lich lieb. Auch über Jake erfahren Leser:innen eini­ges, jedoch hatte ich das Ge­fühl, dass Sarah Alder­son sich etwas mehr auf Em und ihre Ver­gan­gen­heit konzen­triert hat. Das ist auch voll­kommen in Ord­nung, sorgte bei mir je­doch dafür, dass Jake ein bisschen farb­los blieb.

Er hat wunder­volle Eigen­schaf­ten, einen herz­li­chen Cha­rak­ter und scheut sich wie Em nicht da­vor, Opfer zu brin­gen. Nur be­schränkt sich Jakes Cha­rak­ter eben auf diese Eigen­schaf­ten. Aber das soll kein wirk­li­cher Kri­tik­punkt sein. Ich mochte Jake und seine liebe­volle Art, seine Lei­den­schaft und sein Ein­füh­lungs­ver­mögen.

lass mich nicht los

Wenn sich die zwei treffen …

Die beiden treffen nach sechs Jahren mit ge­misch­ten Ge­füh­len auf­einan­der. Einer­seits sind da noch die Ver­bun­den­heit, die Freund­schaft und die ganz gro­ßen Ge­füh­le. Ande­rer­seits über­schattet die beiden noch das Da­mals, über das die bei­den noch nicht ge­spro­chen haben, und das beide auf unter­schied­li­che Weisen prägte. Das beide auch heu­te noch sehr be­las­tet.

Besonders Em sieht im Da­mals einen großen Ver­trauens­buch von Jake. Sie hätte ihn mehr ge­braucht als je­mals zu­vor und er ver­schwand ohne ein Ster­bens­wört­chen. Dem­ent­spre­chend schwer fällt es ihr, Jake wie­der in ihr Leben zu lassen und Ver­trau­en zu ihm auf­zu­bauen.

Originelle Handlung

Nun, ich gebe zu: Der Titel dieser Zwi­schen­über­schrift ist ein wenig ge­flunkert, denn wenn man sich den Klappen­text ansieht und auch die ersten zwan­zig Seiten des Bu­ches ge­le­sen hat, weiß man, in was es in Lass mich nicht los geht. Es gibt immer wie­der ein paar Überra­schun­gen, die mich be­geis­tern konnten, aber ich gebe zu: Die ori­ginellste Hand­lung ist es nicht.

Lass mich nicht los hat einen ruhi­gen, bei­nahe me­lan­cho­li­schen Ton. Man weiß ge­nau, dass etwas nicht rich­tig ist – da­durch wird das Buch nicht nur ernst, son­dern auch tief­grün­dig. Zu­dem greift der Ro­man zahl­reiche The­men auf: Freund­schaft, Fami­lie und Zu­sammen­halt bei­spiels­weise. Doch auch Miss­ver­ständ­nisse, Exis­tenz­sor­gen, die Ver­wirk­li­chung eige­ner Träu­me und Schick­sals­schlä­ge spie­len eine Rolle.

Bainbridge Island

Lass mich nicht los spielt auf der ameri­kani­schen Insel Bain­bridge Island, die in der Nähe von Seattle liegt, und ich habe mich ein kleines bisschen in die Insel, be­ziehungs­wei­se das ge­sam­te Setting, ver­liebt. Dunkle Wälder, die das Sonnen­licht kaum durch­drin­gen kann, das Meer, der Charme einer ame­ri­kani­schen Klein­stadt.

Sarah Alderson ver­setzt Leser:innen durch ihren authen­ti­schen Schreib­stil direkt in die Ge­schich­te und ich habe es ge­liebt. Vor allem weil Em und Jake Leser:innen an ver­schiede­ne Orte mit­neh­men und das Setting da­durch ab­wechs­lungs­reich wird. Ein wichti­ger Ort ist bei­spiels­weise das ge­mein­same Baum­haus, in dem sie als Kinder spielten, aber auch das Meer ist für bei­de von Be­deu­tung. Wenn ich einmal im Staat Washing­ton sein sollte, möchte ich Bain­bridge Island auf jeden Fall einen Be­such ab­statten und mich ver­zau­bern lassen.

lass mich nicht los

Lass mich nicht los überzeugt

Mit Lass mich nicht los hat die bri­ti­sche Auto­rin defi­ni­tiv einen blei­ben­den Ein­druck bei mir hin­ter­lassen. Vor dem Buch hat mir die Auto­rin über­haupt nichts ge­sagt und ich denke, allgemein ist Sarah Alder­son noch ein ziem­li­cher Ge­heim­tipp. Etwas, das ich de­fini­tiv ändern möchte.

Bei der Loveletter Con­ven­tion in Berlin habe ich einen wei­te­ren Roman von ihr – Die Bucht – zufällig in einer Goodie­bag er­hal­ten und war mehr als be­geis­tert, als ich ihren Na­men auf dem Buch be­merkte. Ich freue mich schon un­glaub­lich auf die Lek­türe von Alder­sons ande­ren Ro­ma­nen. Für mich ist sie eine Jugend­buch­auto­rin erster Klasse, die wich­tige Themen ge­schickt und sprach­lich aus­ge­reift um­setzt.

Ein absolutes Lesehighlight und ein Buch genau nach meinem Geschmack. Eine klare Leseempfehlung für Liebhaber:innen anspruchsvoller Jugendliteratur. Anders als das Cover vermuten lässt, widmet sich Sarah Alderson im Buch nicht nur der Liebe, sondern verarbeitet überaus wichtige Themen.

Janika Zeilenwanderer Signatur

Eckdaten: Sarah Alderson – Lass mich nicht los (übersetzt von Sabine Tandetzke) – Ravensburger – 2019 – 416 Seiten – 14,99 €

– Herzlichen Dank an den Ravensburger Verlag für das Stellen des Rezensionsexemplars. –

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