Hallo ihr Lieben, Fallende Stadt habe ich eine ganze Weile gelesen. Ganze fünf Wochen, um genau zu sein. Ich hatte gehofft, dass ich den Roman fix durchbekomme, doch leider wies er die ein oder andere Länge auf, weshalb ich mich immer wieder dabei ertappte, zu anderen Büchern zu greifen. Aber gut, mehr dazu gleich! Viel Spaß mit meiner Buchbesprechung zu Fallende Stadt von Lauren DeStefano.
»Du kannst keine Angst haben,« unterweist sie mich. »Wenn du willst, kannst du traurig sein. Du kannst wütend sein. Aber es ist die Angst, die dich erstarren lässt.«
Kurzbeschreibung
Internment ist eine Stadt, die im Himmel über der Erde schwebt. Dort leben die Menschen in einem strengen System. Es gibt Partnerzuweisungen, man braucht eine Erlaubnis und muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um Kinder zu bekommen, und selbst der Tod ist klar definiert. Alles in Internment ist strukturiert, doch dann wird das System aufgewühlt. Es gab einen Mord und dieser Mord verändert alles. Leser begleiten Morgan, wie sie mit den neuen Gegebenheiten umgeht.
Meinung
Als ich mit Fallende Stadt begann, hatte ich unglaublich große Lust auf einen dystopischen Roman. Ich wollte die Dramatik und die Fremde, die man aus ihnen gewohnt ist. Dystopien stellen für mich nämlich immer einen Reiz dar. Auch wenn es meistens sehr fragwürdige Systeme sind – klar, es sind ja Dystopien –, finde ich die Welten immer faszinierend und stelle mir gerne vor, wie mein eigenes Leben in so einer anderen Gesellschaft aussehen würde. Ich muss sagen, dass ich sehr hohe Erwartungen an dieses Buch hatte, die zum Teil erfüllt wurden, zum Teil leider nicht.
Schreibstil
Lauren DeStefano schreibt schön. Das steht allemal fest – besonders was das Erstellen von Atmosphäre betrifft. Die Stimmung wird treffend wiedergegeben: ganz ruhig und harmonisch, aber mit einem bitteren Beigeschmack, der dafür sorgt, dass Leser die ganze Zeit wissen, dass etwas nicht stimmen kann. Irgendetwas passt in diesem System einfach nicht zusammen. Etwas in Internment ist falsch, obwohl alles richtig und strukturiert wirkt.
Das Setting und die Handlung an sich werden in einem umgangssprachlichen Ton beschrieben. Lauren DeStefano benutzt Wörter, die jedem geläufig sind, erschafft mit ihnen aber so geschickt geformte Aussagen, dass jeder Satz etwas Erhabenes an sich hat. Ich finde die Wortwahl großartig und das Buch allgemein wunderbar zu lesen.
»Sollen wir reingehen?«, sagt Basil. »Noch nicht.« Ich blicke wieder zu den Wolken. Dieser Nachmittag war ein einziger langer Augenblick, der nicht enden soll. Ich will Basil noch eine Weile an meiner Seite haben. Ich will, dass diese Wärme in meinen Wangen noch bleibt.
Figuren
Die Charaktere mochte ich in Fallende Stadt ebenfalls. Besonders dass es nicht nur eine Protagonistin gibt, die anschaulich vorgestellt wird. Als Leser lernt man Morgans gesamtes Umfeld kennen: Pen, Lex, Alice, Basil, Thomas, … Sie alle haben eine eigene Stimme und sind sympathisch. Das hat mir wirklich gefallen, denn in vielen Romanen, die ich in letzter Zeit gelesen habe, lag der Fokus ganz klar auf der Protagonistin und höchstens ein bis zwei weiteren Figuren. Fallende Stadt bietet in diesem Punkt definitiv mehr Abwechslung.
Auch gefallen hat mir der Punkt der Familie. Zwar spielen Morgans Eltern keine so große Rolle wie ihr Bruder Lex oder ihr Verlobter Basil, doch Morgans Gedanken kreisen häufig um ihre Mutter und ihren Vater. Außerdem werden immer wieder Dinge aus der Vergangenheit aufgegriffen, die die Figuren abrunden. Hin und wieder hatte ich dennoch Schwierigkeiten die Beziehungen einzustufen. Durch Morgans Augen wirkt nämlich alles etwas oberflächlich und widersprüchlich.
Morgan als Protagonistin
Mit Morgan hatte ich leider immer wieder meine Probleme. Das liegt hauptsächlich daran, dass ihre Gedanken und Taten nicht miteinander im Einklang sind. Sie stellt das System beispielsweise oft in Frage, tut aber gefühlt nichts, um es zu ändern und schwimmt lieber weiter mit dem Strom. So haben für sie in den kritischen Zeiten in Internment völlig irrelevante Dinge Priorität: Anstatt sich mit ihrer Freundin Pen auszutauschen und über die Dinge zu reden, die in Internment passieren, ist sie stets bestrebt, den Zug nach Hause nicht zu verpassen, um Alice und Lex Essen zu bringen. Ich hatte den Eindruck, dass Morgan das System an sich nicht in Ordnung findet, gleichzeitig aber nach ihm leben möchte und es stillschweigend hinnimmt. Da habe ich etwas anderes erwartet.
Morgan erwähnt häufig, dass Pen diejenige ist, die das System in allen Punkten unterstützt, verehrt und streng nach ihm lebt. Allerdings ist sie diejenige, die Morgan zu rebellischen Taten verführt und sich deutlich mehr gegen das System stemmt. Sie bricht immer wieder aus und tut – besonders zum Ende des Romans hin – Dinge, die ich eher einer toughen Protagonistin zugeordnet hätte. Mit dieser widersprüchlichen Logik hatte ich häufig Schwierigkeiten. Vor allem da auch von Nebenfiguren oft erwähnt wird, dass Morgan diese und jene Charaktereigenschaft aufweist, was meiner Meinung nach überhaupt nicht stimmt. Die genannten Charakterzüge habe ich in Morgan kaum bis gar nicht wiedergefunden.
Ich hatte den Eindruck, dass die Autorin Morgan durch diese Technik als Figur stärken und als Heldin anpreisen möchte. Morgan soll die mutige und weise Protagonistin sein, was ihr Umfeld bereits erkannt hat. Ich habe es leider nicht getan und finde Morgan als Hauptfigur sehr speziell. Eine richtige Bindung konnte ich zu ihr nicht aufbauen.
Ich bin immer davon ausgegangen, dass sich die Kinder auf Internment befinden, aber müssen Träume auf denselben Ort begrenzt sein wie der Träumer?
Setting
Das Setting hingegen fand ich sehr gelungen. Internment ist ein außergewöhnlicher Ort, der auf eine besondere Art verlockend ist. Es scheint, als hätte alles in Internment einen fest definierten Platz. Man erkennt immer wieder Dinge, die wir aus unserem Alltag ebenfalls kennen, doch sie sind alle leicht abgeändert. So erweckt es den Eindruck, als würde man Internment selbst kennen, nur um dann wieder von ungewöhnlichen Abänderungen überrascht zu werden.
Noch nie zuvor ist mit bewusst geworden, wie zusammengedrängt wir doch leben; jede Sektion ist wie das schmale Stück eines Kuchens im Schaufenster der Bäckerei. Ist der Boden unter uns einfach nur die größere Version dessen, was wir hier oben haben?
Handlung
Soweit klingt das Buch ja eigentlich nicht schlecht, oder? Im Großen und Ganzen habe ich kaum etwas zu bemängeln, doch es gibt trotzdem einen Punkt, der meine Leselust stark gehemmt hat. Und zwar die Handlung. Die ersten einhundert bis einhundertfünfzig Seiten fand ich klasse. Man konnte sich ein wunderbares Bild zu Internment, dem Alltag und den Figuren machen. Es war eine fantastische Einführung in diese Welt. Ich dachte jedoch, dass es auch wirklich das ist: eine Einführung. Dass auf die Einführung ein Konflikt folgt und irgendetwas passiert. Leider blieb dieser Konflikt oder Wow-Effekt bis kurz vor Romanende aus.
Zum Ende hin wurde es dann sehr spannend und ich habe manche Ereignisse überhaupt nicht kommen sehen. Bei den letzten fünfzig Seiten konnte ich den Roman echt nicht mehr aus den Händen legen, aber die Mitte des Romans … Was war da los? Ich hatte wenig Elan überhaupt weiterzulesen und habe mich mitunter echt durch die Kapitel gekämpft. Ich begann ein Kapitel, las es und langweilte mich, dann endete es mit einem Cliffhanger. Daraufhin las ich wieder ein Kapitel, begann mich abermals zu langweilen und wurde erneut von einem Cliffhanger begrüßt. Es ließ sich ein Muster erkennen, das mir nicht gefiel und wirklich fesseln konnte mich die Handlung dadurch nicht.
Abschließend kann ich sagen, dass ich hohe Erwartungen an dieses Buch hatte, diese aber nicht ganz erfüllt wurden. Fallende Stadt hört mit einem unglaublich spannenden Ende auf und ich bin an dem Punkt angekommen, an dem ich gerne weiterlesen möchte. Andererseits habe ich Angst, dass der zweite Teil genauso wird wie der erste: Es beginnt spannend und zieht sich dann endlos.
Alles in allem eine solide Dystopie, die viel Potenzial hat. Durch die teilweise langatmige Handlung und mir etwas schleierhafte Protagonistin, bin ich mir jedoch unsicher, ob ich diese Trilogie fortsetzen werde.
Eckdaten: Fallende Stadt von Lauren DeStefano – cbj – 2018 – 416 Seiten – € 9,99 [D]
Comments
Stopfi
Ja. Ich stimme dir bei allem zu! Direkt nach dem Beenden war ich noch so "ach, es war schon ganz gut!". Aber je mehr Zeit vergeht, desto nichtssagender verblasst die Geschichte in meinem Gedächtnis. Inzwischen bin ich mir fast zu 100% sicher, dass ich die Reihe nicht weiterlesen werde *zuckt […] Read MoreJa. Ich stimme dir bei allem zu! Direkt nach dem Beenden war ich noch so "ach, es war schon ganz gut!". Aber je mehr Zeit vergeht, desto nichtssagender verblasst die Geschichte in meinem Gedächtnis. Inzwischen bin ich mir fast zu 100% sicher, dass ich die Reihe nicht weiterlesen werde *zuckt mit den Schultern* Aber schöne Rezension! LG. Emily Read Less
Janika
to Stopfi
Liebe Emily, ja, genauso geht es mir auch. Die Geschichte hat mich nachhaltig nicht berühren können. Wirklich gar nicht und je länger ich darüber nachdenke, desto weniger Punkte möchte ich vergeben :D Liebe Grüße Janika
Zeilenwanderer – Sonntagszeilen: Abschied & Neuanfang
[…] konnte endlich Fallende Stadt beenden – die Rezension zu Lauren DeStefanos Werk findet ihr hier. Die letzten Seiten von Fallende Stadt zusammen mit den drei folgenden Werken lassen mich auf […]
Zeilenwanderer – Sonntagszeilen: Abschied & Neuanfang
[…] Ich konnte endlich Fallende Stadt beenden – die Rezension zu Lauren DeStefanos Werk findet ihr hier. Die letzten Seiten von Fallende Stadt zusammen mit den drei folgenden Werken lassen mich auf 406 […]
Nicci Trallafitti
Ach schade! Dabei klang die Idee echt cool. Mal schauen, ob ich es kaufen & lesen werde. Fürs Erste wohl eher nicht, da habe ich noch genug andere interessante Titel in den Regalen stehen, hihi. Liebe Grüße, Nicci
Janika
to Nicci Trallafitti
Liebe Nicci, jaaa, ich weiß! Es ist echt so schade! Ich bin selbst auch immer noch traurig, dass mir Fallende Stadt im Nachhinein nicht mehr gefallen hat :( Liebe Grüße, Janika