Hallo, ihr Lieben, der Sommer ist endlich da und ein heißer Tag folgt dem nächsten. Ich persönlich gehöre ja zu den Menschen, die sich nicht über das Wetter beschweren und genieße die Zeit am See oder irgendwo in der Natur. Besonders genieße ich es aber auch, wenn ich die Zeit auf der Terrasse mit einem Buch verbringen kann. Zugegeben: Allzu oft ist das diesen Juli nicht vorgekommen, und ich habe mehr Zeit auf dem Pferderücken oder auf dem Wasser verbracht, dennoch habe ich es geschafft, ein Buch zu beenden und das geschah auf der Terrasse mit den Beinen im Plantschbecken. Passend zum Wetter ist es auch eine absolute Sommerlektüre und über diese Geschichte möchte ich heute mit euch reden. Viel Spaß also mit der Buchbesprechung zu Wie ein Tanz auf Morgentau.
Worum geht’s in Wie ein Tanz auf Morgentau?
Aufgewachsen auf der Honeysuckle Farm in England muss Alice von einem Tag auf den nächsten ihre Koffer packen und mit ihrer Mutter spontan nach New York ziehen. Den Grund für die überstürzte Auswanderung hat sie auch zehn Jahre später nicht erfahren – sie weiß nur, dass ihr Opa und ihre Mutter einen fürchterlichen Streit hatten. Obwohl Alice in New York ihre Mutter und gute Freunde hat, vermisst sie die Farm und das Leben in England. Als sie die Nachricht erhält, dass es ihrem Großvater sehr schlecht geht, beschließt sie, in die Heimat zurückzukehren und bekommt dort eine einmalige Chance geboten …
Natürlich hatte das Leben in New York seine Vorzüge, aber irgendetwas sagte mir, dass ich nicht hierhergehörte. Ich passte nicht hierher – und das schon von Anfang an nicht.
Meinung
Die Geschichte beginnt in New York und zeigt Alices Sorgen und Zweifel. Obwohl sie über großes Talent verfügt und auch eine Ausbildung in dem Bereich absolviert hat, kriegt sie als Tänzerin keinen Job an Land gezogen. Das Leben in New York ist teuer, sodass sie ums Überleben kämpfen muss und merklich verzweifelt. Sie lebt in einer kleinen Wohnung und kommt kaum über die Runden. Ihre Mutter befindet sich in einer ähnlichen Situation und auch wenn Alice ihre Mutter und gute Freunde hat, fühlt sie sich in New York doch nicht zu Hause. Es ist nicht ihre Heimat.
Als sie dann wegen ihres Großvaters zurück nach England kehrt, ist dies wie ein Erwachen und Alice blüht auf. Sie sieht ihren geliebten Opa wieder und auch die Farmtiere leben zum Teil immer noch. Besonders über das alte Pony und den Hund freut sich Alice unglaublich. Aber auch die Menschen von damals leben noch in Brook Bridge und so kommt es zu vielen emotionalen Wiedersehen.
Der Gedanke, es wieder hinter mir zurückzulassen, ließ mich erschaudern, und in dem Moment wusste ich Bescheid. Die leise Stimme in meinem Unterbewusstsein verschaffte sich endlich Gehör. Schon als ich das Flugzeug verließ, überwältigte mich ein Gefühl von Sicherheit und Zufriedenheit.
Wiederholungen + steifer Ausdruck
Bis zu diesem Punkt hat mir Wie ein Tanz auf Morgentau sehr gut gefallen. Ich konnte Alice wunderbar verstehen und ihre Sorgen gut nachvollziehen. Durch ihre ausweglose Situation und die Art mit ihr umzugehen, wuchs sie mir schnell ans Herz. Doch mit der Rückkehr nach England kommen einige Kritikpunkte. Da Alice ihre ersten Kindheitsjahre in England und ihre Jugend in Amerika verbrachte, hat sie wohl einen etwas speziellen Akzent: amerikanisch mit englischer Betonung.
Dass das für Aufsehen, Belustigung und Verwunderung sorgt, kann ich mir gut vorstellen. Allerdings muss eine Tatsache wie ein besonderer Akzent nicht bei jeder Begegnung erwähnt werden. Ich hatte über hundert Seiten verteilt das Gefühl, dass auf jeder zweiten Seite eine Anspielung auf den Akzent gemacht wird, was man sich meiner Meinung nach einfach hätte sparen können.
Den Schreibstil an sich fand ich die meiste Zeit über wirklich angenehm. Ich konnte mich gut in Alice hineinversetzen, die die Geschichte erzählt, und so auch gut ihre Sorgen, Hoffnungen und Träume verstehen. Hin und wieder empfand ich den Schreibstil jedoch als steif und kalt. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass das einfach an der Redensart der Briten liegt. Christie Barlow ist nämlich eine Autorin, die aus Westengland stammt und da ist es ja logisch, dass ihre Redensart mit in den Roman fließt. Was auf Englisch vielleicht schön und stimmig klingt, wirkte auf mich einfach etwas verklemmt und altbacken.
Ansonsten empfinde ich den Ausdruck aber als gut. Passend zur Sommerlektüre vermittelt Wie ein Tanz auf Sommertau nämlich genau die richtige Stimmung. Eine beflügelte Phase im Leben von Alice, in der sie sich einigen Hürden stellen muss, aber alle ruckzuck mithilfe ihrer Freundinnen und Dorfbewohner überwinden kann. Es wird einfach diese wunderschöne Illusion geschaffen, die man so oft in Sommerromanzen und Highschool-Dramen findet: ein paar dramatische Schreckmomente, die gemeinsam überwunden werden. Eine Art heile Welt auf dem Land. Das hat mir gut gefallen.
Die Erinnerung brachte mich zum Lächeln, während ich im Sonnenschein dahinritt: »Das ist das Leben«, sagte ich laut und genoss in vollen Zügen den Frieden und die Ruhe hier draußen, die so stark im Gegensatz zum hektischen Lebenstempo in New York standen.
Alice, Sam und Co
Der Schreibstil hat in meinen Augen also etwas Gutes als auch etwas Schlechtes. Und ähnlich stehe ich den Figuren gegenüber. Alice, ihre Freundin Grace und ihren Großvater mochte ich sofort. Zu Beginn der Lektüre schämt sich Alice sehr für ihren Misserfolg in New York. Sie hat das Gefühl, eine Versagerin zu sein und mag ungern mit ihren Bekannten aus England darüber sprechen. Dadurch gerät sie während ihrer ersten Tage in Brook Bridge in eine etwas schwierige Situation. Kurze Zeit war ich ziemlich sauer über ihr Verhalten – ich verschweige an diesem Punkt mal, was genau sie tut –, aber umso glücklicher war ich, als sie ihren inneren Schweinehund überwindet und ihr Verhalten über Bord wirft. Alice ist mutig und trifft im Laufe des Romans immer wieder Entscheidungen für sich selbst und nicht für jemand anderen.
Etwas anders sieht es mit Sam aus. So attraktiv und toll er für Alice sein mag – ich konnte überhaupt keine Bindung zu ihm aufbauen. Vermutlich liegt das daran, dass er die meiste Zeit in Wie ein Tanz auf Morgentau eine sehr passive Rolle einnimmt. Anders als ich vermutet habe, liegt der Mittelpunkt dieser Geschichte nämlich nicht auf der Liebesgeschichte, sondern in der dunklen Vergangenheit von Alices Familie. Dementsprechend seltsam fand ich die Beziehung zwischen Sam und Alice. Ganz im Sinne der Instant Love haben sie sich nach zehn Minuten Gespräch unsterblich ineinander verliebt und gerade Alice verspürt äußerst intensive Gefühle ihm gegenüber. Ich konnte diese Gefühle leider nicht nachvollziehen, da ich über Sam nichts wusste. Außer eben dass er ziemlich heiß und mit Grace befreundet ist. An dieser Stelle hätte ich mir von der Autorin etwas mehr Tiefgang gewünscht.
Handlung
Alles in allem konnte mich Wie ein Tanz im Morgentau handlungstechnisch überzeugen. Alice steht vor einer schwierigen Entscheidung: Kehrt sie zu ihrer Mutter nach New York zurück oder verwirklicht sie sich selbst in ihrer Heimat? Wie eben schon betont, ist die Liebesgeschichte des Romans eher nebensächlich. Vielmehr geht es um die Geheimnisse der Familie. Wieso haben sich Alices Mutter und ihr Großvater so sehr gestritten? Was ist vor zwanzig Jahren in Brook Bridge passiert? Wieso stehen die Dorfbewohner:innen Sam so kritisch gegenüber?
An manchen Stellen kam mir der Roman beinahe wie ein kleiner Krimi vor. Gemeinsam mit Alice kommen Leser:innen der Vergangenheit langsam auf die Schliche und decken ein Geheimnis nach dem nächsten auf. Das fand ich super – besonders weil ich nicht damit gerechnet habe. Allerdings muss ich sagen, dass ich das große Geheimnis doch etwas seltsam finde. Also in dem Sinne, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass so eine Situation sich auch nur ansatzweise in der Realität abspielen könnte.
Alices große Leidenschaft ist das Tanzen. Auch diesem Punkt wird die Lektüre gerecht. Sie betont immer wieder, wie viel ihr das Tanzen und die Musik bedeuten. Gleichzeitig bekommt Alice durch ihren Aufenthalt in England eine große Chance: Ihr Großvater bietet ihr nämlich das Tanzstudio der verstorbenen Großmutter an. Dort lernte Alice als Mädchen tanzen und würde das Familienunternehmen fortführen können, wo ihre Mutter fort ist und ihr Großvater zu alt. Für Alice wäre das Tanzstudio nicht nur die Erfüllung eines Traums, sondern auch der Ausweg aus der finanziellen Krise. Wie sich Alice entscheidet, müsst ihr selbst in Wie ein Tanz auf Morgentau nachlesen.
Mir hat die Geschichte alles in allem gut gefallen. Die Kleinigkeiten wie die Akzent-Wiederholungen und der manchmal etwas steif wirkende Schreibstil sind Aspekte, über die ich hinweg sehen kann und die vermutlich von jedem bzw. jeder Leser:in anders wahrgenommen werden. Ich wurde dennoch gut unterhalten und denke, dass Wie ein Tanz auf Morgentau eine köstliche Sommerlektüre für all diejenigen ist, die das britische Landleben mögen oder eine Faszination fürs Tanzen haben.
Wie ein Tanz auf Morgentau ist eine süße Sommerlektüre, die für mich zwar einige Schwächen aufweist, die ich aber dennoch sehr genoss. Für mich war das Buch genau das Richtige für die heißen Julitage.
Eckdaten: Christie Barlow – Wie ein Tanz auf Morgentau (übersetzt von Anita Sprungk) – Mira Verlag – 2019 – 384 Seiten – 9,99 €
– Vielen Dank an den Mira Verlag für das Bereitstellen des Leseexemplares. –
Comments
Zeilenwanderer – Literarische Weltreise 2019 – Juli bis September
[…] ging nach Großbritannien in das überschaubare Brook Bridge. Dort begleitete ich Alice bei ihrem Tanz auf Morgentau. Als der Tanz vorüberging, reiste ich mit Lena nach Green Valley, Colorado. In den Rocky Mountains […]
Kate
Hallöchen, der Klappentext hat mich gerade direkt angesprochen. Ich mag so Heimkehr-Geschichten total gerne. Deine Kritikpunkte haben mich jetzt aber doch zum Nachdenken gebracht, denn ich mag diese Instant-Liebe überhaupt nicht. Zwar scheint die Liebesgeschichte ja nicht die tragende Rolle in dem Buch zu spielen, aber das finde ich trotzdem immer […] Read MoreHallöchen, der Klappentext hat mich gerade direkt angesprochen. Ich mag so Heimkehr-Geschichten total gerne. Deine Kritikpunkte haben mich jetzt aber doch zum Nachdenken gebracht, denn ich mag diese Instant-Liebe überhaupt nicht. Zwar scheint die Liebesgeschichte ja nicht die tragende Rolle in dem Buch zu spielen, aber das finde ich trotzdem immer sehr schade. Falls ich mal zufällig an dem Buch vorbeilaufe und Lust darauf habe, werde ich es vielleicht mitnehmen. Manchmal ist einem ja nach so leichter Abschalt-Lektüre :) Danke für deine Rezension! Liebste Grüße, Kate Read Less
Janika
to Kate
Liebe Kate, ja, ich mag solche Heimkehrgeschichten auch total gerne und finde, dass sie oft absolute Wohlfühlgeschichten sind. Das ist super! Das ist richtig, so eine starke Liebesgeschichte ist der Roman nicht. Es ist zwar schon ein Thema, aber steht nicht so sehr im Vordergrund :) Als Sommerlektüre kann ich […] Read MoreLiebe Kate, ja, ich mag solche Heimkehrgeschichten auch total gerne und finde, dass sie oft absolute Wohlfühlgeschichten sind. Das ist super! Das ist richtig, so eine starke Liebesgeschichte ist der Roman nicht. Es ist zwar schon ein Thema, aber steht nicht so sehr im Vordergrund :) Als Sommerlektüre kann ich das Buch auf jeden Fall empfehlen. Alles Liebe. Janika Read Less
Zeilenwanderer – Wrap Up: Monatsrückblick auf den Juli 2019
[…] zweites Mal lesen würde. Wenn ihr an weiteren Leseeindrücken interessiert seid, schaut gerne bei meiner Buchbesprechung […]
Zeilentänzerin
Hallo liebe Janika, das Cover der Buches finde ich sehr gelungen. Sehr romantisch, sehr sommerlich und einfach insgesamt harmonisch. Dass das Buch dich nicht in allen Einzelheiten überzeugen konnte ist zwar schade, aber insgesamt war es ja doch ein Genuss, was sehr schön ist :) Liebe Grüße
Janika
to Zeilentänzerin
Hallo meine Liebe, da stimme ich dir absolut zu. Ich finde auch, dass das Cover alleine schon eine klasse Atmosphäre erzeugt, die auch gut zur Geschichte passt. Von daher hat der Verlag bei der Coverauswahl alles richtig gemacht :) Alles Liebe. Janika