Ihr Lieben, kennt ihr das, wenn ihr intuitiv zu einem Buch greift, weil es euch einfach so sehr in den Fingern juckt und ihr der Versuchung nicht widerstehen könnt? Und dann fangt ihr an und wisst von Beginn an, dass dieses Buch etwas ganz Besonderes ist? Ende Juli hatte ich so einen Moment und das nach einem eher dürftigen Lesemonat. Die Bücher, die ich gelesen haben, waren in Ordnung, aber es gab kein Highlight und ich war davon ausgegangen, dass der Juli einfach durchschnittlich bleibt. Aber dann kam Lilly Lucas mit New Beginnings und haute mich aus allen Socken. Viel Spaß mit der Buchbesprechung.
Kurzbeschreibung
Lena ist 20 Jahre alt und nachdem sie zweimal ein Studium abgebrochen hat und noch immer nicht weiß, was sie mit ihrem Leben anfangen soll, beginnt sie ein Jahr als Au-pair-Mädchen in Amerika. Es verschlägt die Berlinerin ins kleine Green Valley in Colorado, was ein extremer Kontrast zur Großstadt ist. Ihre Gastfamilie besteht aus Jack, Amy und dem gemeinsamen Sohn Liam. Und überraschenderweise auch aus Jacks jüngerem Bruder, Ryan, der nur wenige Jahre älter ist als Lena. Ryan musste nach einem schweren Skiunfall seine Profikarriere beenden und lebt daher eher unfreiwillig bei den Coopers, bis es zwischen Lena und ihm anfängt zu knistern …
»Das Problem ist«, er beugte sich zu mir herunter und hauchte an mein Ohr, »dass nichts noch nie so wenig nach nichts geklungen hat.«
Meinung
Wenige Tage bevor ich das Buch zu lesen begann, hatte mich die liebe Yvonne gefragt, welches Buch sie als nächstes lesen sollte. Sie schickte mir ein Bild mit ihrer Bücherauswahl und ich sagte: »Alles, nur nicht New Beginnings. Das lesen wir zusammen!« Kurze Zeit später hatte ich das Buch gekauft und saß ohne Lektüre im Auto – für mehrere Stunden. Eigentlich wollte ich auf Yvonne warten, damit wir das Buch zusammen lesen können, dann überkam es mich aber und ich hatte die ersten vierzig Seiten gelesen. Ich informierte Yvonne und sie begann direkt mit New Beginnings, da ihre aktuelle Lektüre sie nicht recht packte.
Drei Tage später hatten wir das Buch beendet und ich fühlte mich furchtbar. Ich fühlte mich furchtbar, weil ich wusste, dass die nächsten Bücher, die ich lesen würde, nicht an New Beginnings herankommen würden. New Beginnings war so viel mehr, als ich mir erträumt hatte und ich brauche mehr Lesestoff aus Green Valley. Sofort. Aber gut, schauen wir uns das Buch doch mal genauer an.
Lena + Ryan
Dass ich von der ersten Seite an das Gefühl hatte, mir würde das Buch sehr gut gefallen, lag zu einem großen Teil an Lena. Sie steht in den ersten Kapiteln vor einer ziemlichen Herausforderung, denn der Start als Au-pair lief nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Aber Lena ist Lena und nimmt ihr Schicksal in die Hand. Ihre Willensstärke und ihr Selbstbewusstsein sind zwei Charaktereigenschaften, die ich an Lena unglaublich mochte. Sie ist so stark! Lena sagt, wenn ihr etwas nicht passt und setzt ihren Willen durch, wenn es sein muss. Nichts da mit grauer Maus, die sich erstmal zu einer starken Persönlichkeit entwickeln muss. Bei Lena liegt diese Entwicklung bereits in der Vergangenheit und Lilly Lucas hat für ihre Leser einen wundervollen und überaus unterhaltenen Charakter geschaffen.
Auf Ryan trifft Lena schon sehr früh in der Lektüre, und ich wusste direkt, dass ich die zwei zusammen mochte, weil beide herrlich schlagfertig sind. Ryan, der sich als ziemlicher Grummelpeter herausstellt, bringt einen blöden Spruch und provoziert Lena? Kein Problem für sie, sie kontert eiskalt gegenan. Ryan hat zu Beginn eine ziemlich grummelige und zynische Art und dies in Kombination mit Lenas Optimismus und Witz ist einfach nur köstlich. Noch dazu wirkt seine Art urkomisch. Als würde er ständig Bemerkungen vor sich hin grummeln und murmeln, sodass Lena manche Dinge kaum wahrnimmt. Wie Oscar aus der Tonne! Auch Lenas Gedanken mochte ich supergerne. Sie ist einfach unterhaltsam.
Sein Blick huschte kurz über meinen Ausschnitt, und ich wollte einen Moment lang ein zweites Mal auf ihn fallen – mit dem Ellenbogen voran, in seine Weichteile.
Aber natürlich bleibt Ryan nicht der zynische Grummelpott, sondern taut bei Lena langsam auf. Sie unternehmen zusammen Ausflüge in die Rocky Mountains und besonders ein Renovierungsprojekt des Golden Leaf – das B&B der Familie – schweißt sie zusammen. Ich habe die Zeit mit den beiden einfach unglaublich genossen und konnte kaum genug von ihnen bekommen. Lilly Lucas hat zwei Figuren geschaffen, die zwar unterschiedlich sind, sich aber wundervoll ergänzen und gemeinsam extrem harmonieren. Ich brauche einfach mehr Bücher mit Figuren wie Ryan und Lena.
Nebenfiguren
Auch die Nebenfiguren konnten mich überzeugen. Mit Izzy hat Lena eine superliebe und offene Freundin in Green Valley gefunden, die wohl jedem schnell ans Herz wächst. Vom Typ her ist sie eine ganz andere Person als Lena, dass ich umso gespannter auf den zweiten Teil der Green Valley Reihe bin, in dem sie die Rolle der Protagonistin übernehmen wird.
Bei Will war es mehr oder weniger ähnlich. Irgendwie war es mir schon sympathisch, irgendwie aber auch nicht, weil ich mir nicht sicher war, ob er nicht eigentlich ein Arschloch ist. Und solche Bad Boys, die echt Mist abziehen, mag ich in Büchern nicht so gerne. Aber Will sorgt auf jeden Fall für allerlei gute Unterhaltung. Besonders in Kombination mit Izzy. Man spürt einfach, dass zwischen den beiden eine einzigartige Chemie herrscht. Nach Beenden des Buches bin ich mir übrigens auch sicher, dass Will ein ordentlicher Kerl ist. Ich mag ihn.
Auch Lenas Gastfamilie gefällt mir. In dem Buch wird nicht unbedingt das typische Leben eines Au-pairs dargestellt und jede Leserin, die nach dieser Geschichte selbst Au-pair werden möchte, sollte wissen, dass der eigene Aufenthalt höchstwahrscheinlich nicht so aussehen wird wie Lenas. Amy und Jack wirken jedenfalls wie ziemlich coole Gasteltern — auch wenn sie suuuper verpeilt sind — und Liam ist als Kind natürlich ein absoluter Traum. Also um es kurz zu machen: Nachdem mir schon die Protagonisten gefallen haben, konnten mich auch die Nebenfiguren überzeugen. New Beginnings hat ein richtig schönes Figurenspektrum.
Schreibstil + Ausdruck
Der Schreibstil von Lilly Lucas hat mir ebenfalls gefallen – wie ihr merkt, hat mir praktisch alles gefallen! Die Geschichte ist aus Lenas Perspektive geschrieben und ich mag ihre Art zu denken sehr gerne. Sie ist lustig und locker und irgendwie von Beginn an sympathisch, sodass man Lena schnell ins Herz schließt.
Die Kapitel lassen sich zudem gut lesen, da sie recht kurz sind. Ich hatte daher das Gefühl, einfach durch die Seiten zu fliegen und wollte immer mehr, mehr, mehr. Eigentlich dachte ich, dass Yvonne und ich beim gemeinsamen Lesen das Buch in Abschnitte einteilen und täglich eine bestimmte Seitenanzahl lesen. Das hat allerdings nicht geklappt und wir hatten das Buch beide am dritten Tag beendet. Es gab lediglich kurze Updates nach dem Motto: »Bin auf Seite 200 und muss reden. Wo bist du? Bist du schon da? Wie lange brauchst du noch?«
Bei Lilly Lucas’ Art zu Schreiben haben mir einige Aspekte besonders gefallen: ihr Witz, ihr Wortauswahl, die einfach immer perfekt scheint, und wie sie nicht um den heißen Brei redet. Man weiß, was Sache ist, die Handlung wird nicht ewig in die Länge gezogen und man ist auf jeder Seite mitten im Geschehen. Dadurch wird New Beginnings zum absoluten Pageturner. Gleichzeitig hat Lilly Lucas ein unfassbares Talent für das Schreiben von Dialogen.
»Ich seh mir noch die anderen Zimmer an«, presste ich hervor und entfernte mich mit einem Lächeln auf dem Gesicht, das so aufgesetzt war, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn es heruntergerutscht und auf dem Boden zerschellt wäre.
Handlung
So, zur Handlung. Hier fehlen mir ein wenig die Worte, denn eigentlich gibt es zur Handlung nicht viel zu sagen. Es geht um die Beziehung von Lena und Ryan. Ganz einfach. Im Gegensatz zu vielen anderen Geschichten des Genres gibt es kein großes Drama der Vergangenheit, das die Protagonistin belastet, was ich sehr angenehm fand. So bekommt New Beginnings eine Leichte, die den Leser vollkommen mitreißt. Ich finde auch die Idee schön, dass Lena als Stadtmädchen in die tiefste Pampa geht und sich dort zurechtfinden muss. Klar, solche Geschichten gibt es wie Sand am Meer, aber das, was Lilly Lucas aus der Grundsituation geschaffen hat, ist einmalig.
Irgendwie hat alles gestimmt. Vor allem mochte ich, dass die Handlung direkt einsetzt. Lena ist in Amerika gelandet und fährt ruckzuck zu ihrer Gastfamilie. Keine seitenlange Planung, Abschiedsfeiern von Freunden oder so. Es geht direkt los.
Was mir bei New Beginnings positiv aufgefallen ist, ist die Ruhe des Romans. Die Geschichte braucht kein Drama, um den Leser an sich zu fesseln. Die Beziehung von Lena und Ryan ist fesselnd genug. Umso enttäuschter war ich von den letzten siebzig Seiten, denn Lilly Lucas baut doch noch etwas Drama ein. Ich kann nachvollziehen, wieso sie es getan hat und ich denke, auch für Ryan ist es praktisch nicht anders möglich gewesen, als das zu tun, was er tut, aber ich als Leserin hätte mir dieses Drama weggewünscht. Irgendwie hat es nicht recht zum Rest des Buches gepasst.
Allerdings ist das vielleicht auch eine persönliche Vorliebe von mir und ich muss dazu sagen, dass es nichts an der Tatsache ändert, dass ich dieses Buch absolut empfehlen kann. Ganz ehrlich? Hätte ich nicht so viele andere Bücher im Regal, würde ich New Beginnings direkt ein zweites Mal lesen. Es ist so gut!
Green Valley
Was zudem ein unglaublicher Pluspunkt der Handlung ist, ist das Setting. Die traumhafte Kulisse von Green Valley schafft so viele Möglichkeiten und ich fürchte, mit Colorado ist nun ein weiterer Bundesstaat auf die Liste meiner Reiseziele in Amerika gelandet. Die Art, wie Lilly Lucas die Umgebung in Worte fasst, ist ein absoluter Traum.
In den nächsten zwei Wochen verabschiedete sich der Spätsommer, und der Oktober tauchte die Umgebung von Green Valley in ein Meer aus leuchtenden Farben. Tiefgelbe Espenwälder ließen die Hänge der Rocky Mountains fast golden glänzen, und mächtige Ahornbäume hoben sich in satten Rot- und Orangetönen vom Himmel ab.
In New Beginnings gibt es diese schöne Illusion der perfekten amerikanischen Kleinstadt. Jeder kennt sich, jeder hilft sich und man hat alles vor der Haustür. Ich persönlich mag Geschichten mit diesem Settings ja sehr gerne, von daher hat New Beginnings mich auch in diesem Punkt überzeugt. Also Hand aufs Herz: Dieses Buch ist für mich ein absolutes Highlight. Ein Herzensbuch, wie es sein sollte und ich traue mich schon fast nicht, ein neues Buch anzufangen, das nicht aus Lilly Lucas’ Feder kommt, da ich Angst habe, es könne mich nicht unterhalten. Lilly Lucas, was hast du da nur getan?
New Beginnings gehört zu meinen Jahreshighlights 2019. Mit diesem Buch katapultiert sich Lilly Lucas zu jenen wenigen Autoren, bei denen ich sehnsüchtig auf jede neue Geschichte warte. Für mich hat alles gestimmt, ich war für wenige Stunden vollkommen gefangen und wollte Green Valley nicht mehr verlassen. Die Fortsetzung kann ich kaum erwarten!
Eckdaten: Lilly Lucas – New Beginnings – Knaur TB – 2019 – 336 Seiten – 12,99 €
Comments
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Zeilentänzerin
Liebe Janika, eine sehr schöne Rezension. Ich wusste ja bereits, dass das Buch Dich überzeugen konnte und das spürt man hier auch. Geschichten, die ohne Drama auskommen und dennoch fesseln - was kann es Besseres geben. Da weiß man dann, das dem Autoren wirklich etwas gelungen ist. Liebe Grüße, Zeilentänzerin
Janika
to Zeilentänzerin
Hallo meine Liebe, herzlichen Dank. Das Buch ist aber auch wirklich ein absolutes Highlight und ich freue mich schon unglaublich auf die Fortsetzungen :) Und ja, das ist wirklich eine feine Sache, wenn es kein Drama braucht, um den Leser zu begeistern. Alles Liebe. Janika